Gabriel: Mit Yücel-Freilassung "Hindernis" in Beziehungen zu Türkei überwunden
Mit der Freilassung von Deniz Yücel ist nach den Worten von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) "ein großes Hindernis" für die Weiterentwicklung der Beziehungen zur Türkei überwunden. Gabriel verwies am Samstag zugleich erneut auf die fünf Deutschen, die weiterhin aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert sind. Yücel bedankte sich in einer Videobotschaft bei seinen Unterstützern. Er wisse bis heute nicht, warum er in Haft gewesen sei.
Mit Ankara gebe es hinsichtlich der Werte in der Tat weiterhin "große Meinungsverschiedenheiten", sagte Gabriel auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Allerdings sei die Türkei ein "großer und wichtiger Nachbar" und ein einflussreiches Land in der Region. Nun müsse man das "Momentum nutzen", um alle Gesprächsformate wiederzubeleben. "Ohne das Gespräch mit der türkischen Seite wüsste ich nicht, wie wir vorankommen können", betonte der amtierende Außenminister. Auch Außenamts-Staatsminister Michael Roth (SPD) sagte mit Blick auf die anderen aus politischen Gründen inhaftierten Deutschen, das Gespräch mit der türkischen Seite müsse fortgesetzt werden. Es sei die "oberste Pflicht" des Auswärtigen Amts, "dafür zu sorgen, dass wir unseren Bürgerinnen und Bürgern helfen, und dass wir auch der Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten zum Durchbruch verhelfen", sagte Roth in einem Radio-Interview.
Yücel war wenige Stunden nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis am Freitagabend in Berlin eingetroffen. Yücel hatte am Freitagabend per Videobotschaft allen gedankt, die während der Haft an seiner Seite standen. Er wisse bis heute nicht, warum er verhaftet und "als Geisel genommen" worden sei, sagte der deutsch-türkische Journalist. "Und ich weiß auch nicht, warum ich heute freigelassen wurde." Weder Festnahme noch Freilassung hätten etwas mit "Recht und Gesetz" zu tun. Wegen anderer in der Türkei inhaftierter Journalisten bleibe "ein bitterer Nachgeschmack."
Yücel hatte sich am 14. Februar 2017 freiwillig der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in U-Haft genommen worden. Ein Jahr lang bewegte sich nichts in dem Verfahren, am Freitag ging es dann aber ganz schnell. Die Staatsanwaltschaft reichte ihre Anklageschrift ein, in der sie zwischen vier und 18 Jahren Haft wegen "Volksverhetzung" und "Terrorpropaganda" forderte. Das Gericht ordnete aber für die Dauer des Prozesses Yücels Freilassung an.
Gabriel betonte in einem TV-Interview, die Türkei habe keine Gegenleistung für Yücels Freilassung erhalten: "Es gibt keinen Deal, weder einen schmutzigen noch einen sauberen." Ankara habe "nichts verlangt und hätte auch nichts bekommen können". Mahnende Worte kamen von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Es seien längst nicht alle Probleme ausgeräumt, sagte Kauder nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG in einem aktuellen Interview. "Wir betrachten die Lage der Menschenrechte und insbesondere der Religionsfreiheit in der Türkei auch weiter mit Sorge."
(K. Petersen--BTZ)