Gabriel wirbt bei Münchner Sicherheitskonferenz für starkes Europa
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat bei der Münchner Sicherheitskonferenz angesichts der jüngsten weltpolitischen Umwälzungen eindringlich für ein starkes Europa geworben. Die Welt stehe weiterhin vor einem "Abgrund", sagte Gabriel in seiner Rede vor den Konferenzteilnehmern. Berechenbarkeit und Verlässlichkeit seien derzeit "die knappsten Güter" auf der Welt. Umso mehr müssten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in die Zukunft der Gemeinschaft investieren, um nicht in die Bedeutungslosigkeit abzugleiten.
In den vergangenen Jahren sei es "zu massiven Verschiebungen in unserer Weltordnung mit unabsehbaren Konsequenzen" gekommen, sagte Gabriel. Er werbe bei Deutschlands europäischen Partnern jedoch dafür, "dass wir unsere Zukunft gestalten und nicht erdulden". Dabei müssten sich alle klar machen, dass "der Weg über Europa die Rückgewinnung von Souveränität bedeutet und nicht der Verlust". Deutschland sei daher entschlossen, massiv in die Zukunft der EU investieren. "Europa ist nicht alles, aber ohne Europa ist alles nichts", hob der Außenminister hervor. Niemand solle versuchen, die EU zu spalten - "nicht Russland, nicht China, aber auch nicht die Vereinigten Staaten".
Wenn die freiheitliche Ordnung, wie sie in der EU bestehe, bröckele, würden andere "ihre Pfeiler" einziehen, warnte Gabriel mit Blick auf Länder wie China. Die Volksrepublik sei derzeit das einzige Land der Welt mit einer wirklich globalen Strategie. Um die "Architektur der Freiheit" in der Welt zu erhalten, liege es auch im eigenen Interesse der USA, ihre Zusammenarbeit mit Europa "auf Augenhöhe" zu festigen. Als Beispiel einer gelungen Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA nannte Gabriel das internationale Atomabkommen mit dem Iran und das gemeinsame Engagement zur Beilegung des Konflikts in der Ostukraine.
Die Europäische Union müsse ihrerseits eine aktivere Rolle in der Weltpolitik einnehmen, forderte Gabriel. Sie stehe vor der Aufgabe, ihren "inneren Zusammenhalt" wiederherzustellen, indem sie die im vergangenen Jahrzehnt zutage getretenen inneren Gegensätze überwinde.
Die Mitgliedstaaten müssten ihre gemeinsamen Interessen in den Außenbeziehungen zu anderen Staaten definieren und Strategien und Instrumente entwickeln, um diese Interessen auch durchzusetzen - "jeder nach seinen Möglichkeiten, aber alle mit der gleichen Agenda". "Als einziger Vegetarier werden wir es in einer Welt der Fleischfresser schwer haben", mahnte Gabriel zugleich.
Die dreitägige Münchner Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof findet vor dem Hintergrund zahlreicher internationaler Konflikte und Krisen wie etwa dem Syrien-Krieg und der Bedrohung durch das nordkoreanische Atomprogramm statt. Schwerpunkte des hochkarätig besetzten Forums für internationale Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind unter anderem die Zukunft und Handlungsfähigkeit der EU, die Beziehungen zwischen Russland und den USA sowie die zahlreichen Konflikte in Nahost - insbesondere der Bürgerkrieg in Syrien - und Abrüstungsfragen.
(O. Karlsson--BTZ)