Tillerson führt mit Erdogan Gespräch über Unterstützung für Kurdenmiliz
Im Streit um die US-Unterstützung für kurdische Kämpfer hat US-Außenminister Rex Tillerson in Ankara den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen. Ein Vertreter des US-Außenministeriums sprach am Donnerstagabend von einem "produktiven und offenen" Gespräch. Von türkischer Seite hieß es, Erdogan habe unter anderem mit Blick auf die US-Militärhilfe für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien seine "Erwartungen" an Tillerson "klar übermittelt".
Die Türkei fordert seit langem ein Ende der Unterstützung für die YPG. Ankara betrachtet die Gruppe wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Terrororganisation und geht seit Wochen in der syrischen Region Afrin gegen sie vor. Die USA schätzen die YPG jedoch als schlagkräftigen Verbündeten im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Erdogan hat den USA vorgeworfen, der YPG 5000 Lastwagen und 2000 Flugzeuge voll mit Waffen geliefert zu haben. Die Türkei will, dass die USA ihre Soldaten aus Syrien abziehen und die Waffen von der YPG einsammeln, damit sie nicht gegen die Türkei eingesetzt werden. Zur Empörung ihres Nato-Partners wollen die USA aber an dem Bündnis festhalten, um ein Wiedererstarken der IS-Miliz in Nordsyrien zu verhindern.
Vor seinem Krisengespräch mit Erdogan versicherte Tillerson, die USA hätten "niemals schwere Waffen" an die YPG geliefert. Daher gebe es auch keine solche Waffen zurückzunehmen. Am Freitagmorgen will Tillerson mit seinem Kollegen Mevlüt Cavusoglu zusammenkommen.
Ohne einen Kurswechsel der beiden Nato-Partner droht eine direkte Konfrontation ihrer Truppen in Nordsyrien, doch beharren bisher beide Seiten auf ihrer Position. Erdogan hat wiederholt gedroht, die Offensive von Afrin auf andere YPG-kontrollierte Gebiete wie die Stadt Manbidsch auszudehnen.
Er warnte die USA, wenn sie nicht ihre Militärvertreter abzögen, die in der Stadt zur Unterstützung der YPG stationiert sind, werde die Türkei sie als "Terroristen" betrachten und ihnen eine "osmanische Ohrfeige" verpassen. Die USA haben jedoch bekräftigt, ihre Soldaten in Manbidsch zu halten.
Zwei US-Kommandeure reisten kürzlich demonstrativ in die Stadt und würdigten den Einsatz der YPG-Kämpfer gegen die IS-Miliz. Für Empörung in der Türkei sorgten auch Berichte, dass das US-Verteidigungsministerium den Kongress um 250 Millionen Dollar für den Aufbau einer Grenzschutztruppe unter Beteiligung der YPG-Miliz gebeten habe. Das Pentagon dementierte jedoch, dass das Geld dafür bestimmt sei.
Die Unterstützung für die YPG hat dem Ansehen der USA in der Türkei massiv geschadet. Laut einer neuen Studie des US-Politikinstituts Center for American Progress haben nur zehn Prozent der Türken eine positive Meinung von ihrem Verbündeten, während 83 eine negative Meinung haben. Demnach bleibt die Türkei "ein zutiefst nationalistisches" Land - durch die Offensive in Afrin ist dies noch weiter verstärkt worden.
(F. Dumont--BTZ)