Frankreich: Macron droht Syrien bei Giftgaseinsatz mit Angriffen
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat der syrischen Regierung für den Fall eines neuerlichen Chemiewaffen-Einsatzes mit Angriffen gedroht. Frankreich werde "an dem Ort zuschlagen", von dem solche Gift-Attacken ausgegangen oder organisiert worden seien, bekräftigte Macron am Dienstagabend in Paris. Syrien stritt den Besitz von Giftgas erneut ab. Der Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warf der EU Versagen in dem Konflikt vor.
Macron versicherte mit Blick auf die Chemiewaffen: "Die rote Linie wird respektiert". Nach den Worten des Präsidenten liegen den französischen Geheimdiensten derzeit keine Beweise für Attacken auf die Zivilbevölkerung vor. "Sobald der Beweis erbracht wird, werde ich tun, was ich gesagt habe", betonte Macron. Er hatte bereits im Mai 2017 mit "Vergeltungsmaßnahmen" gedroht. Syriens Vizeaußenminister Faisal Mokdad erklärte dagegen in Damaskus, seine Regierung besitze keine Chemiewaffen. Ihren Einsatz bezeichnete er als "unmoralisch und inakzeptabel, egal in welchem Kontext".
Nach US-Angaben gab es in den syrischen Rebellengebieten seit Jahresbeginn mindestens sechs Angriffe mit Chlorgas, bei denen dutzende Menschen verletzt worden sein sollen. Auch die USA behalten sich deshalb einen Militärangriff vor, wie Anfang Februar aus Regierungskreisen in Washington verlautete.
Für Experten stellt sich die Frage, ab wann Frankreich und die USA tatsächlich eingreifen. "Wenn man Macron beim Wort nimmt, ist seine rote Linie bereits überschritten", sagte Bruno Tertrais von der Pariser Fondation pour la recherche stratégique (Stiftung für strategische Forschung).
François Heisbourg vom International Institute for Strategic Studies (IISS) in London nannte Macrons Strategie der roten Linien riskant: "Wenn man immer wieder sagt, es gebe Chemiewaffenangriffe, ist man irgendwann zum Handeln gezwungen."
Der Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz, Ischinger, kritisierte, dass die EU im Nahen Osten nicht mit einer Stimme spreche. Europäische Regierungschefs und Außenminister bereisten die Krisenländer einzeln und mit jeweils eigener Agenda, beklagte er nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ), in einem aktuellen Interview vom Mittwoch. Statt einer Nahost-Strategie gebe es "Nahost-Krisen-Tourismus", bemängelte der ehemalige Botschafter.
Von der nächsten Bundesregierung forderte Ischinger, sich für EU-Reformen wie etwa Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik einzusetzen statt der bisherigen Einstimmigkeit. "Solange jeder Kleinstaat mit einem Veto eine gemeinsame Außenpolitik verhindern kann, wird die EU bei der Lösung internationaler Krisen - wie jetzt in Syrien - nur eine Nebenrolle spielen", betonte Ischinger. Auch den Aufbau einer EU-Armee bezeichnete der Ex-Diplomat als "wichtigen und richtigen Schritt".
(S. Sokolow--BTZ)