Amnesty wirft Malta "illegalen" Umgang mit Flüchtlingen vor
Amnesty International hat schwere Vorwürfe gegen Malta wegen des Umgangs mit Flüchtlingen erhoben. Die "gefährlichen und illegalen" Maßnahmen des Mittelmeerstaats bei der Abweisung von Flüchtlingen hätten möglicherweise zu vermeidbaren Todesfällen geführt, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation. Derzeit sehen sich Malta und andere EU-Mittelmeerstaaten mit Forderungen nach Aufnahme von 27 Flüchtlingen konfrontiert, die seit einem Monat auf dem dänischen Tanker "Maersk Etienne" ausharren.
Amnesty warf Malta eine "Eskalation von Taktiken" gegen die Aufnahme von Flüchtlingen vor. Dazu gehörten rechtswidrige Zurückweisungen nach Libyen, die Umlenkung von Booten in Richtung Italien und das illegale Festhalten hunderter Menschen auf schlecht ausgerüsteten Fährschiffen außerhalb der maltesischen Hoheitsgewässer.
Malta hatte im Mai ein Abkommen mit Libyen geschlossen, durch das verhindert werden soll, das Flüchtlinge aus dem nordafrikanischen Land auf die Insel gelangen. Diese Vereinbarung setze Flüchtlinge nach ihrer Rückführung nach Libyen noch stärker als zuvor der brutalen Behandlung in dortigen Lagern aus, kritisierte Amnesty in dem 34-seitigen Report.
Seit Jahresanfang nahm Malta dem Bericht zufolge 2161 illegal ins Land gelangte Menschen auf. Die Ressourcen und Anstrengungen, die Malta dabei aufgebracht habe, seien für ein derart kleines Land "ohne Zweifel beachtlich", räumte Amnesty ein. Gleichwohl entbinde dies den Inselstaat nicht von seiner Verantwortung, einen sicheren Ort der Unterbringung für die unter seiner Koordination geretteten Menschen auszuweisen.
Mehrere internationale Organisationen hatten am Montag auf die sich "rapide" verschlechternde Lage an Bord des dänischen Tankers "Maersk Etienne" hingewiesen, auf dem sich 27 Flüchtlinge befinden. Der Tanker hatte die Migranten am 4. August auf Bitten Maltas aufgenommen, nachdem sie auf dem Weg von Libyen in die EU in Seenot geraten waren. Später jedoch wies der maltesische Regierungschef Robert Abela jede Verantwortung für die Geretteten zurück.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), die Internationale Organisation für Migration (IOM) und die Internationale Schifffahrtskammer (ICS) warfen den EU-Mittelmeeranrainern vor, gegen internationales Recht zu verstoßen, sollten sie sich weiterhin weigern, die 27 Flüchtlinge von Bord gehen zu lassen. "Wir können nicht länger tatenlos zusehen, wie die Regierungen die Notlage dieser Menschen ignorieren", erklärte ICS-Generalsekretär Guy Platten.
Die dänische Reederei Maersk hatte am Sonntag mitgeteilt, dass drei der Geretteten in ihrer Verzweiflung von Bord gesprungen seien. Sie konnten den Angaben zufolge von der Crew gerettet werden. Der dänische Interims-Minister für Immigration, Kaare Dybvad Bek, wies in einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur AFP Tunesien die Verantwortung für die Aufnahme der 27 Flüchtlinge zu. Nach dänischen Presseberichten hatte sich das gerettete Flüchtlingsboot in tunesischen Gewässern befunden.
In der ersten Jahreshälfte 2020 waren nach Angaben des UNHCR bereits 14.481 Menschen von der libyschen Küste aus in Richtung Europa aufgebrochen.
(W. Winogradow--BTZ)