Tausende gedenken mit Menschenkette der Zerstörung Dresdens vor 73 Jahren
Mit Kerzen, stillen Gebeten und einer Menschenkette haben die Dresdner der Zerstörung ihrer Stadt vor 73 Jahren gedacht. Tausende Bürger kamen am Dienstagabend zusammen, um eine rund vier Kilometer lange Menschenkette um die Altstadt zu bilden. Damit sollte nach Angaben der Stadt an die Unmenschlichkeit des Kriegs erinnert und gleichzeitig "ein Zeichen des Miteinanders für eine weltoffene, tolerante Stadt" gesetzt werden.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) forderte, sich aktiv mit der Geschichte auseinanderzusetzen und die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. "Erinnerungskultur ist nicht nur das Ablegen von Kränzen, sondern auch in ganz besonderer Weise gesellschaftliche Bildungsarbeit mit klarem Bezug zur Gegenwart", sagte Hilbert laut Redetext zum Auftakt der Menschenkette. Aus dem 13. Februar erwachse eine Verantwortung "nicht für die Vergangenheit, aber sehr wohl für das, was heute, morgen und übermorgen geschieht".
Zu der Menschenkette hatte wieder ein breites Bündnis aus Politik, Wirtschaft, Kirchen, Wissenschaft und Gewerkschaften aufgerufen. "Wir wenden uns gegen jede Anwendung von Gewalt und fordern zur Versöhnung auf", hieß es in dem gemeinsamen Appell.
Bereits seit Dienstagvormittag versammelten sich Dresdner Bürger und Politiker an zahlreichen Gedenkorten, um an die Opfer des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. Zu den zentralen Erinnerungsorten gehört neben dem Heidefriedhof, wo zahlreiche Tote der Luftangriffe begraben sind, auch der Altmarkt. Dort wurden nach der Bombardierung tausende Tote eingeäschert. Vor der im Krieg zerstörten und vor wenigen Jahren wieder aufgebauten Frauenkirche entzündeten Besucher Kerzen.
Bei den Luftangriffen alliierter Bomber auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945 waren etwa 25.000 Menschen getötet worden. Weite Teile der historischen Altstadt wurden komplett zerstört.
Um die Erinnerungskultur wird in Dresden seit langem gerungen. Hilbert war im vergangenen Jahr angefeindet worden, nachdem er im Vorfeld des Gedenktags vor einem Opfermythos gewarnt und erklärt hatte, Dresden sei alles andere als eine unschuldige Stadt gewesen. Nach Drohungen gegen ihn wurde er damals unter Polizeischutz gestellt.
Bereits am Samstag hatten mehrere hundert Menschen gegen einen Aufmarsch von Neonazis in der sächsischen Landeshauptstadt demonstriert. Rechtsextreme versuchen seit Jahren, den Jahrestag der Zerstörung für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Aufgrund der starken Gegenproteste wurden größere Neonaziaufmärsche rund um den 13. Februar in den vergangenen Jahren verhindert.
Zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens sieht Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) einen klaren Schulterschluss der Gesellschaft gegen Extremismus. "Wir überlassen es nicht den Rändern, dieses Datum zu besetzten", sagte er im Südwestrundfunk. Der Präsident des sächsischen Landtags, Matthias Rößler (CDU) forderte, am 13. Februar wieder mehr Zeitzeugen zuzuhören, "statt den Tag lautstark für politische Zwecke zu instrumentalisieren".
Die AfD-Fraktion im Dresdner Landtag kritisierte unterdessen, dass die von AfD-Politikern auf dem Heidefriedhof abgelegten Kränze teilweise zestört wurden. Unbekannte hätten die Trauer- und Kranzschleifen entfernt. André Barth, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, sprach von "politisch motivierter Grabschändung".
(L. Andersson--BTZ)