Britische Justiz lehnt Aufhebung des Haftbefehls gegen Assange vorerst ab
Die britische Justiz hat ihren Haftbefehl gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange vorerst aufrecht erhalten. Ein Londoner Gericht lehnte am Dienstag einen Antrag der Verteidiger ab, den Haftbefehl aufzuheben. Diese hatten argumentiert, dass Assanges seit 2012 andauernder Aufenthalt in der ecuadorianischen Botschaft in London "einer Gefängnisstrafe gleichkommt". Das Gericht prüft derzeit allerdings noch einen weiteren Antrag der Anwälte, wonach die Aufhebung des Haftbefehls im öffentlichen Interesse sei.
"Ich bin nicht davon überzeugt, dass der Haftbefehl aufgehoben werden sollte", sagte Richterin Emma Arbuthnot in ihrer Urteilsbegründung am Dienstag. Allerdings kündigte sie an, am 13. Februar über einen weiteren Antrag der Anwälte von Assange entscheiden zu wollen. Die Richterin soll demnach prüfen, ob eine Beibehaltung des Haftbefehls im Interesse der Öffentlichkeit ist.
Assanges Anwalt Mark Summers hatte vergangene Woche vor Gericht argumentiert, dass der Haftbefehl "seinen Zweck und seine Aufgabe verloren" habe. Der fünfeinhalbjährige Aufenthalt seines Mandanten in der Botschaft Ecuadors in der britischen Hauptstadt käme "einer Gefängnisstrafe" gleich, sagte Summers. Assanges seelische Verfassung habe sich verschlechtert und sei "in ernster Gefahr". Er leide unter Zahnschmerzen, Schultersteife und Depression.
Assange war 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen, um einer Auslieferung an Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen zu entgehen. Die Stockholmer Staatsanwaltschaft legte den Fall vergangenes Jahr zu den Akten. Allerdings besteht nach wie vor ein britischer Haftbefehl, weil Assange 2010 gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll.
Der 46-Jährige weigert sich, die Botschaft in London zu verlassen. Er befürchtet, an die USA überstellt zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Geheimnisverrats und womöglich sogar die Todesstrafe droht.
Die von ihm mitgegründete Enthüllungsplattform Wikileaks hatte 2010 geheime Dokumente des US-Militärs veröffentlicht. US-Justizminister Jeff Sessions bezeichnete im vergangenen Jahr Assanges Verhaftung als "Priorität".
Aus Angst um seine Sicherheit lässt sich Assange nur selten auf dem Balkon der Botschaft im Zentrum Londons blicken. Er nimmt allerdings regelmäßig via Videoschaltung an Konferenzen teil.
Ecuador hatte den gebürtigen Australier im Dezember eingebürgert und ihn somit zum ecuadorianischen Staatsbürger gemacht. Einen anschließenden Antrag, Assange als Diplomaten anzuerkennen, lehnte Großbritannien allerdings ab.
Der Wikileaks-Gründer hat die Geduld seiner Gastgeber in den vergangenen Jahren mehrmals auf die Probe gestellt. Zuletzt zog er sich den Zorn des ecuadorianischen Präsidenten Lenin Moreno zu, als er im Kurzbotschaftendienst Twitter seine Unterstützung für Kataloniens Unabhängigkeitsbestrebungen ausdrückte. Im Januar sagte Moreno, dass Assange ein "geerbtes Problem" darstelle, das mehr als lästig für seine Regierung sei.
(W. Winogradow--BTZ)