US-Präsident Trump attackiert britisches Gesundheitswesen
Eine Attacke von US-Präsident Donald Trump auf das britische Gesundheitswesen hat die bereits angespannten Beziehungen zwischen Washington und London weiter belastet. Im Kurzbotschaftendienst Twitter bezeichnete Trump am Montag den in einer schweren Krise steckenden britischen Gesundheitsdienst (NHS) als warnendes Beispiel für die USA, wohin eine allgemeine Krankenversicherung führe. Der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunter verwahrte sich gegen diese Darstellung.
Der Krise des NHS war zuletzt durch einen schweren Grippe-Ausbruch verschärft worden und schlägt sich in der eklatanten Unterversorgung von Kranken nieder. Tausende Demonstranten gingen deshalb am Samstag in London auf die Straße. Trump nutzte nun das Beispiel des NHS für einen Angriff auf die oppositionellen US-Demokraten im Streit um die Gesundheitsreform. Die Demokraten "setzen sich für die allgemeine Krankenversicherung ein, während in Großbritannien tausende Menschen demonstrieren, weil ihr Gesundheitssystem kaputt ist und nicht funktioniert", schrieb Trump. Er warf der Opposition vor, starke Steueranhebungen für eine "wirklich schlechte" Gesundheitsversorgung zu wollen. "Nein danke!", fügte der Präsident hinzu.
Dies löste eine scharfe Replik von Hunt aus, der seinerseits das US-Gesundheitswesen anprangerte. Keiner der Demonstranten von London wolle in "einem System leben", in dem 28 Millionen Menschen keine Krankenversicherung hätten, twitterte der Gesundheitsminister. Er sei "stolz darauf, aus einem Land zu kommen, das die allgemeine Krankenversicherung erfunden hat - wo alle versorgt worden, unabhängig davon, wie groß ihr Bankkonto ist".
Tatsächlich hatte sich die Demonstration in London keineswegs gegen den NHS gerichtet, der trotz seiner Probleme in Großbritannien weiterhin überaus beliebt ist. Vielmehr forderten die Demonstranten mehr staatliche Gelder für den Gesundheitsdienst. Auch verlangten sie, den Einfluss des Privatsektors einzuschränken - während die vom US-Präsidenten angestrebte Gesundheitsreform darauf abzielt, die Rolle des Privatsektors zu stärken.
Trump war mit seinem Versuch, das von seinem Vorgänger Barack Obama eingeführte Gesundheitssystem abzuschaffen, in seinem ersten Amtsjahr gescheitert. Zwei Anläufe der Republikanerführung im Kongress schlugen fehl, weil die Partei ihre eigenen Reihen nicht schließen konnte.
Trump und die Republikaner haben das als "Obamacare" bezeichnete System allerdings seither durch diverse Einzelmaßnahmen durchlöchert. Durch das System war der Anteil der US-Bürger ohne Krankenversicherung in den vergangenen Jahren von 16 auf unter neun Prozent gesunken
Auch wenn Trumps Attacke auf das britische Gesundheitswesen also innenpolitisch motiviert war, verstärkte er damit den in Großbritannien weitverbreiteten Unmut über seine Person und Amtsführung. Neben Hunt reagierten noch andere britische Politiker auf seinen Tweet.
Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei schrieb in dem Kurzbotschaftendienst, Trump liege "falsch". Die Menschen seien auf die Straße gegangene, weil wir unseren NHS lieben" - und weil sie hassten, was die britischen Konservativen mit dem Dienst anrichteten. "Die Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht", fügte Corbyn hinzu. Trump hat Großbritannien seit seinem Amtsantritt noch nicht besucht - womöglich deshalb, weil er dort mit Massenprotesten rechnen muss. Premierministerin Theresa May hatte den US-Präsidenten zwar bereits vor einem Jahr zu einem Staatsbesuch eingeladen. Doch der US-Präsident sagte Mitte Januar einen Besuch zur Eröffnung der neuen US-Botschaft in London ab - was er mit seiner Kritik an dem Bau begründete.
Nach einem Treffen zwischen Trump und May beim Weltwirtschaftsforum in Davos sagte dann ein britischer Regierungssprecher, der US-Präsident wolle noch in diesem Jahr nach Großbritannien kommen. Trump hat wiederholt Empörung in der britischen Bevölkerung ausgelöst - so, als er anti-muslimische Propaganda einer britischen Extremistengruppe auf Twitter weiterverbreitete.
(U. Schmidt--BTZ)