Unionsfraktion geht bei Entlastung von Kommunen auf Konfrontation zu Scholz
Vor den Beratungen der Koalitionsspitzen über das geplante Konjunkturprogramm sorgt die Entlastung von Kommunen weiter für Debatten. Die Unionsfraktion im Bundestag ging mit einem eigenen Konzept auf Konfrontation zu Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der den Kommunen vor allem durch die Übernahme von Altschulden unter die Arme greifen will. Umweltverbände sehen einen Rettungsschirm für Kommunen indes als Chance im Kampf gegen den Klimawandel.
Die Corona-Pandemie bedeutet für die Kommunen eine enorme Belastung. Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes betragen allein die Gewerbesteuerausfälle derzeit geschätzt 11,8 Milliarden Euro. Das Konjunkturpaket müsse deshalb "unbedingt auch ein kommunales Element enthalten", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben).
Scholz hatte zuletzt vorgeschlagen, dass der Bund die Hälfte der Altschulden von 2000 besonders verschuldeten Kommunen übernehmen könnte - das wären rund 22,5 Milliarden Euro. Zudem will der Finanzminister 5,9 Milliarden Euro als Ausgleich für wegbrechende Gewerbesteuereinnahmen geben, die Länder sollen die gleiche Summe beisteuern.
Die Unionsfraktion im Bundestag lehnt in einem eigenen Konzept aber die "schlichte Umwandlung alter Schulden der Kommunen in neue Schulden des Bundes grundsätzlich ab", wie es in dem AFP vorliegenden Konzept heißt. Stattdessen wollen die Abgeordneten von CDU und CSU die Kommunen entlasten, indem der Bund künftig drei Viertel der Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger statt wie bisher die Hälfte dieser Kosten übernimmt, die Gewerbesteuerumlage an den Bund für zwei Jahre ausgesetzt wird sowie bestehende kommunale Investitionsprogramme ausgebaut werden.
Die Fraktion beziffert die Entlastung mit mindestens elf Milliarden Euro in den Jahren 2020 und 2021 - dazu kämen weitere Entlastungen, die in dem Konzept nicht detailliert berechnet werden.
Verdi-Chef Frank Werneke kritisierte den Unionsvorschlag als "viel zu gering". Die Konjunktur brauche jetzt "starke Nachfrageimpulse, von der insbesondere die besonders betroffenen Dienstleistungsbranchen profitieren, und die Kommunen benötigen eine wirksame Entlastung von Corona-Folgen und Altschulden", forderte der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft.
Allein schon bei den öffentlichen Nahverkehrsunternehmen klaffe "eine Finanzlücke von fünf Milliarden Euro", erklärte Werneke. Zudem würden zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen in den Kommunen getätigt.
Der Präsident des Umwelt-Dachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR), Kai Niebert, betonte unterdessen die Bedeutung von Städten und Kommunen für den Klimaschutz. Hier werde sich zeigen, "ob und wie wir die Klimakrise stoppen können".
Klimaschutz werde nur gelingen, "wenn die Stadt künftig den Fußgängern, Fahrrädern und dem ÖPNV gehört statt dem Individualverkehr in umweltverschmutzenden Blechlawinen", erklärte Niebert. "Und er wird nur gelingen, wenn wir uns für genügend Grünflächen und Artenvielfalt in urbanen Regionen stark machen und die 175.000 ungenutzten Dächer von Kitas, Schulen oder Kultureinrichtungen künftig Solarstrom produzieren." Die Spitzen der Koalition beraten am Dienstag im Kanzleramt über das geplante Konjunkturpaket.
(D. Fjodorow--BTZ)