Kabinettsausschuss zu Rechtsextremismus nimmt Arbeit auf
Zwei Monate nach seiner Einsetzung hat der Kabinettsausschuss zum Rechtsextremismus am Mittwoch die Arbeit aufgenommen und konkrete Gesetzesprojekte in Angriff genommen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte nach dem Treffen der Ministerrunde für Oktober einen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung des Rassismus an. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) stellte ein Gesetz zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern rechter Gewalt in Aussicht.
Seehofer sagte nach der Sitzung: "Die Blutspur, die sich nach der Enttarnung des NSU quer durch Deutschland zieht, zeigt in aller Klarheit, dass Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus eine der größten Bedrohungen für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung sind." Dem werde mit der ganzen Härte des Rechtsstaats begegnet.
Der Kabinettsausschuss gab sich nach Angaben des Innenministeriums eine Arbeitsagenda und vereinbarte, bis zum Oktober einen konkreten Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und Rassismus vorzulegen. Dazu sollen auch Vertreter der Zivilgesellschaft, der Migrantenorganisationen und der Wissenschaft angehört und die Ergebnisse eines für August geplanten Bund-Länder-Treffens einbezogen werden.
Seehofer appellierte an die demokratisch gesinnten Initiatoren der Corona-Proteste, sich nicht von Extremisten vereinnahmen zu lassen. Die Veranstalter der Kundgebungen sollten sichergehen, dass sie nicht missbraucht werden. "Wir müssen darauf achten, dass Extremisten hier nicht Oberwasser bekommen."
Der Kabinettsausschuss habe sich auch mit extremistischen Tendenzen bei den aktuellen Corona-Protesten befasst, die die Regierung mit großer Sorge sehe, sagte der Innenminister. Es gebe Aufrufe, dass die Corona-Maßnahmen zu einer "Revolution" oder der Errichtung einer "neuen Republik" genutzt werden sollten. "Das muss man sehr ernst nehmen."
Die Grünen riefen den Bund auf, die Unterwanderung der Corona-Proteste durch Extremisten genauer unter die Lupe zu nehmen. "Die Sicherheitsbehörden wissen nach wie vor viel zu wenig über die Akteure, die sich nicht nur Woche für Woche auf der Straße versammeln, sondern auch online ihre verschwörungsideologischen und oft antisemitischen Thesen verbreiten", sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch in Berlin.
Lambrecht erklärte, der Staat müsse "stärker für die Betroffenen von Rassismus und Menschenhass da sein", sagte Lambrecht nach der Sitzung des Ausschusses. "Daran werden wir in den nächsten Monaten intensiv arbeiten."
Dem nach dem Anschlag von Hanau eingesetzten Kabinettsausschuss gehören neben Seehofer, Lambrecht und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) an. Sie bezeichnete ebenso wie Seehofer die Prävention als eine zentrale Aufgabe. Giffey verwies auf die Aufstockung des Programms "Demokratie leben" auf 150 Millionen Euro im kommenden Jahr und 200 Millionen in 2022. Dies sei eine "sehr gute Basis". Sie bekräftigte ihre Forderung nach einem Demokratiefördergesetz.
Der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus war Mitte März als eine Konsequenz aus den Anschlägen von Hanau eingerichtet worden. In Hanau hatte der 43-jährige Tobias R. am 19. Februar aus fremdenfeindlichen Motiven neun Menschen erschossen.
Besonders Migrantenverbände nahmen die Tat zum Anlass, um unter anderem auf die besondere Gefährdung von Ausländern oder Deutschen mit Migrationshintergrund durch Rassisten und Rechtsextremisten hinzuweisen.
(K. Petersen--BTZ)