Unicef: 264 Millionen Kinder ohne einen Zugang zu Bildung
Wegen Armut, Krieg und Krisen haben 264 Millionen Kinder weltweit nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef keinen Zugang zu Bildung. "Kinder brauchen nicht trotz Krieg Bildung, sondern gerade deswegen brauchen sie Schule mehr denn je", sagte der deutsche Unicef-Vorsitzende Jürgen Heraeus am Freitag in Berlin, wo die Organisation den "Unicef Report 2018 - Die Chance auf Bildung" vorlegte. Das Kinderhilfswerk forderte eine bessere Finanzierung von Bildung vor allem in Krisenregionen.
Besonders besorgt ist die Organisation über die zunehmenden Angriffe auf Schulen in Konfliktregionen. Gewalt gegen Schulen werde zur Regel, sagte Unicef-Nothilfedirektor Manuel Fontaine. Das UN-Kinderhilfswerk hat ausgerechnet, dass "schätzungsweise jährlich 340 Milliarden US-Dollar zusätzlich" nötig wären, um allen Kindern in Entwicklungs- und Schwellenländern den Besuch einer Schule zu ermöglichen. Das sei ohne einen Anstieg der Entwicklungsgelder nicht möglich, heißt es im Bericht. Derzeit würden nur 3,6 Prozent aller humanitären Hilfsgelder für Bildungsprogramme ausgegeben.
Allein in 24 Konfliktländern gehen nach Angaben von Unicef derzeit etwa 27 Millionen Kinder zwischen sechs und 14 Jahren nicht zur Schule. Schule sei aber gerade in Krisensituationen mehr als ein Ort zum Lernen, mahnte Unicef. Schule gebe den Kindern durch einen geregelten Alltag "Halt und Sicherheit". Auch Unicef-Schirmherrin Elke Büdenbender sagte bei der Pressekonferenz im Berliner Schloss Bellevue, der Zugang zu Schulen gebe den Kindern "Widerstandsfähigkeit und Hoffnung" und bewahre sie vielleicht davor, "in die Fänge von Ideologen zu geraten".
UN-Sonderbotschafterin und Sacharow-Preisträgerin Nadia Murad berichtete von dem Überfall der Miliz Islamischer Staat (IS) auf ihr jesidisches Heimatdorf im Nordirak. Die Schule sei zerstört worden. "Die Bildung, der Aufwand den die Kinder jahrelang betrieben haben, wurde in wenigen Tagen durch den IS zunichte gemacht", erzählte sie.
Auch drei Jahre nach dem Sieg gegen den IS sei die Schule noch nicht wieder aufgebaut. Es gebe keine Lehrkräfte. Dabei sei Bildung "der wichtigste Baustein dafür, dass ein Volk wie das der Jesiden überleben kann", sagte Murad.
In den vergangenen Jahren registrierte Unicef vermehrt Gewalt gegen Bildungseinrichtungen in Konfliktregionen. Allein im Nordosten Nigerias habe die islamistische Miliz Boko Haram 1400 Schulen zerstört und 2300 Lehrer getötet, heißt es in dem Report. Die Welt scheine immer mehr "das Inakzeptable zu akzeptieren", sagte Nothilfedirektor Fontaine. Heraeus hob hervor: "Es ist dringend an der Zeit, dass Schulen in Konfliktsituationen besser geschützt werden. Und dass Bildungsprogramme gerade in Krisen die notwendige Finanzierung erhalten."
(A. Williams--BTZ)