Abgeordnete in Hongkong liefern sich Handgemenge im Parlament
Im Parlament von Hongkong hat es einen handfesten Streit zwischen dem Lager der Peking-treuen Regierungschefin Carrie Lam und der pro-demokratischen Opposition gegeben. Angehörige beider Seiten bewarfen sich am Freitag mit Mobiltelefonen und Protestplakaten, bevor Sicherheitsleute mehrere der Oppositionsabgeordneten aus dem Parlamentsgebäude eskortierten. Ausgelöst worden war das Handgemenge von einem seit Wochen schwelenden Streit über die Besetzung des Justizausschusses.
Das Parlament in Hongkong ist seit Monaten handlungsunfähig. Die pro-demokratische Opposition blockiert seit Monaten die Wahl eines neuen Vorsitzenden des Justizausschusses, dessen Aufgabe die Prüfung aller Gesetzentwürfe ist, bevor diese den Abgeordneten vorgelegt werden. Hintergrund ist die Kontroverse um ein Gesetz, das beleidigende Äußerungen über die chinesische Nationalhymne unter Strafe stellt.
Rechtsberater der Hongkonger Regierung bevollmächtigten nun jedoch die bekannte pro-chinesische Politikerin Starry Lee dazu, den Vorsitz des Ausschusses zu übernehmen. Am Freitagnachmittag nahm Lee den Sitz ohne Wahl ein.
Im Parlament kam es daraufhin zu chaotischen Szenen. Pro-demokratische Abgeordnete und ihre Rechtsberater umzingelten Lee und warfen ihr vor, die parlamentarischen Regeln gebrochen zu haben.
Die bekannte pro-demokratische Parlamentarierin Claudia Mo verteidigte die Blockadehaltung ihrer Partei nach dem Vorfall vor Journalisten. Das Lager der Regierungspartei nehme "jedes kleine Bisschen an Macht für sich in Anspruch", kritisierte sie.
Der zum Regierungslager gehörende Abgeordnete Martin Liao warf der Opposition dagegen vor, mit der Blockade den Gesetzgebungsprozess zum Erliegen gebracht zu haben. "Wir stecken seit mehr als sechs Monaten fest", sagte Liao.
Die Zentralregierung in Peking hat wiederholt wütend auf die Handlungsunfähigkeit des Hongkonger Parlaments reagiert. Im April brachte Peking sogar die Strafverfolgung pro-demokratischer Abgeordneter ins Spiel. Dies sorgte in der Opposition für einen Aufschrei. Laut der Hongkonger Verfassung darf sich die Zentralregierung nicht in die Belange der Sonderverwaltungszone einmischen.
Die Eskalation im Parlament erfolgte inmitten neu aufflammender Proteste der Demokratiebewegung in Hongkong. Vergangenes Jahr hatten Massenproteste für mehr Demokratie und Unabhängigkeit von Festland-China die Finanzmetropole über Monate erschüttert.
(P. Rasmussen--BTZ)