Separatisten erobern Sitz der jemenitischen Regierung in Aden
In der jemenitischen Hafenstadt Aden haben Separatisten am Sonntag den Sitz der Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi erobert. Nach Angaben von Rettungskräften wurden bei Kämpfen mit Regierungstruppen mindestens 15 Menschen getötet und 33 weitere verletzt. Regierungschef Ahmed bin Dagher sprach von einem "Putsch" der Separatisten, die seit Jahrzehnten für einen unabhängigen Südjemen kämpfen, und bat die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition um Unterstützung.
Jemens international anerkannte Regierung hatte sich nach Aden zurückgezogen, nachdem sie im September 2014 von den schiitischen Huthi-Rebellen aus der Hauptstadt Sanaa vertrieben worden war. Die Huthi-Rebellen und mit ihnen verbündete Militäreinheiten des gestürzten Staatschefs Ali Abdallah Saleh kämpfen seit 2014 gegen die Truppen von Präsident Hadi. Hadi wird von Saudi-Arabien unterstützt, die Huthi-Rebellen vom Iran. Seit dem Eintritt der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition in den Krieg im März 2015 wurden mehr als 9200 Menschen getötet und fast 53.000 verletzt.
Im Südjemen kämpft die sogenannte Bewegung des Südens seit Jahrzehnten für eine Unabhängigkeit des Landesteils, der bereits von 1967 bis 1990 unabhängig war. In Aden war es am Sonntag zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gekommen, als Anhänger der Bewegung in der Stadt gegen die Regierung demonstrieren wollten.
Wie Vertreter der Sicherheitskräfte gegenüber Journalisten von BERLINER TAGESZEITUNG sagten, rückten nach den Zusammenstößen Kämpfer der Separatisten auf den Regierungssitz vor und brachten das Gebäude in ihre Gewalt. Es handelte sich demnach um Einheiten, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgebildet wurden.
"In Aden findet ein Putsch statt", erklärte Regierungschef Dagher. Dieser richte sich gegen die "Legitimität und die Einheit des Landes". Dagher warnte vor einer "militärischen Konfrontation" und rief die Mitglieder der Militärkoalition, allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate, zum Handeln auf.
Die Kämpfe weiteten sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen auf fast die gesamte Stadt aus. Schulen, Universitäten und der internationale Flughafen wurden geschlossen. Wie Journalisten von BERLINER TAGESZEITUNG von vier Krankenhäusern in Aden erfuhren, waren unter den Toten und Verletzten auch mehrere Zivilisten.
Die Separatisten aus dem Südjemen hatten die Hadi-Regierung bisher im Kampf gegen die Huthi-Rebellen unterstützt, zuletzt gab es aber Konflikte. Die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition hatte schon vor den geplanten Protesten in Aden zu Zurückhaltung aufgerufen. In einer Erklärung, die die staatliche Nachrichtenagentur SPA verbreitete, wurden alle Seiten aufgerufen, an der "Sprache des ruhigen Dialogs" festzuhalten.
Zu den Protesten in Aden hatte der sogenannte Übergangsrat der Separatisten aufgerufen, der sich für eine Selbstverwaltung der südlichen Provinzen einsetzt. Dem Gremium, das von der Hadi-Regierung nicht anerkannt wird, gehören fünf Provinzgouverneure und zwei Kabinettsmitglieder an. Adens früherer Gouverneur Aidarous al-Soubeidi hatte den Übergangsrat im Mai gegründet, nachdem er von Hadi entlassen worden war.
Regierungschef Dagher warnte, eine Abspaltung des Südjemen vom Rest des Landes sei nur für die Huthi-Rebellen und den Iran von Vorteil. "Der Iran versucht über die Huthis, seine Präsenz im Jemen zu festigen", erklärte Dagher. "Durch eine Aufspaltung des Jemen geben wir ihnen ein Drittel des Landes und drei Viertel der Bevölkerung."
(Y. Rousseau--BTZ)