Prag: Stichwahl um Präsidentenamt in Tschechien fortgesetzt
In Tschechien ist die Stichwahl um das Präsidentenamt am Samstag fortgesetzt worden. Umfragen sagen ein sehr enges Rennen zwischen dem prorussischen Amtsinhaber Milos Zeman und seinem proeuropäischen Herausforderer Jiri Drahos voraus. Die Wahllokale hatten bereits am Freitag geöffnet. Die Tschechen können ihre Stimme noch bis zum frühen Nachmittag (14.00 Uhr MEZ) abgeben. Nach Schließung der Wahllokale werden erste Hochrechnungen erwartet.
In der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen hatte Zeman 38,6 Prozent der Stimmen geholt, Drahos kam auf 26,6 Prozent. Die meisten der ausgeschiedenen Kandidaten gaben in der Folge eine Wahlempfehlung für Drahos ab. In Umfragen lagen die beiden Rivalen zuletzt Kopf an Kopf. Der 73-jährige Zeman, der für seine populistische Rhetorik und harte Haltung gegenüber Flüchtlingen bekannt ist, hat vor allem Rückhalt bei der Landbevölkerung und in den unteren Einkommensschichten. Der 68-jährige Drahos kann dagegen auf die Bewohner der Hauptstadt Prag und anderer großer Städte sowie auf Besserverdiener setzen.
Zeman und Drahos gingen beide bereits am Freitag zur Wahl. Bei der Stimmabgabe warf Zeman seinem Kontrahenten erneut mangelnde politische Erfahrung vor. Der frühere Präsident der tschechischen Akademie der Wissenschaften habe "mit Politik noch nichts zu tun" gehabt, sagte Zeman in seinem Wahllokal. Drahos lobte dagegen die "Energie", die der Wahlkampf hervorgebracht habe. Die Wahl werde also "nicht vergeblich sein, unabhängig vom Ausgang".
Die Präsidentschaftswahl fällt in eine Zeit politischer Unsicherheit in Tschechien: Der populistische Milliardär Andrej Babis, den Zeman nach der Parlamentswahl im Oktober zum Ministerpräsidenten ernannt hatte, verlor Mitte Januar im Parlament eine Vertrauensabstimmung über seine Minderheitsregierung. Am Mittwoch gab Zeman Babis eine zweite Chance für eine Regierungsbildung.
Im Wahlkampf hatte der Umgang mit Flüchtlingen eine zentrale Rolle gespielt. Zeman ist strikt gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und sprach mit Blick auf die Flüchtlingskrise 2015 gar von einer "organisierten Invasion". Drahos ist zwar ein Kritiker der EU-Umverteilungsquote für Flüchtlinge; er sagte aber, Tschechien könne wie von der EU vorgesehen 2600 Flüchtlinge aufnehmen.
(F. Dumont--BTZ)