Syrien: Startschuss für Koalitionsverhandlungen am Freitag
Vier Monate nach der Bundestagswahl starten Union und SPD am Freitag mit offiziellen Verhandlungen über eine neue große Koalition. Zum Auftakt ist am Freitagmorgen um 9 Uhr ein Treffen der Parteichefs Angela Merkel (CDU), Martin Schulz (SPD) und Horst Seehofer (CSU) geplant, erfuhr BERLINER TAGESZEITUNG aus Parteikreisen. In der zweiten Januarwoche hatten die Parteien bei Sondierungsgesprächen bereits weitreichende Vereinbarungen getroffen, die Sozialdemokraten pochen aber auf Nachbesserungen.
Ein Sonderparteitag der SPD hatte am Sonntag mit knapper Mehrheit den Weg für Koalitionsverhandlungen auf Grundlage des 28-seitigen Sondierungspapiers frei gemacht. Allerdings erteilten die Delegierten ihrem Verhandlungsteam den Auftrag, noch Änderungen des Sondierungsergebnisses in der Gesundheitspolitik, beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sowie bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen durchzusetzen.
Führende SPD-Politiker bekräftigten die Forderungen am Rande einer Vorbesprechung der Sozialdemokraten am Donnerstag im Willy-Brandt-Haus, bei der Details zur inhaltlichen und personellen Aufstellung für die Koalitionsverhandlungen abgeklärt wurden. "Wir können es den jungen Menschen in Deutschland überhaupt gar nicht erklären, warum sie sich trotz guter Ausbildung, trotz gutem Studium von einem befristeten Vertrag zum nächsten durchhangeln müssen", sagte etwa SPD-Parteivize Manuela Schwesig.
Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) stellte klar, dass ihre Partei in den Koalitionsgesprächen auf Verbesserungen beim Familiennachzug für Flüchtlinge pochen will. "Die Kinder sind die Schutzbedürftigsten unter den Flüchtlingen", sagte Barley im ARD-"Morgenmagazin". "Und da muss auch noch was kommen."
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider rief die Union auf, sich bei den anstehenden Gesprächen zu bewegen. "Das geht nur mit Kompromissen", sagte er mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen. "Ich mauer mich jetzt nicht ein. Schöne Grüße nach München, die sollten das auch nicht tun", fügte er an die Adresse der CSU hinzu, die sich besonders vehement gegen die SPD-Forderungen gewandt hatte.
Der Startschuss für die Koalitionsverhandlungen fällt am Freitag im Konrad-Adenauer-Haus. Nach dem Gespräch von Merkel, Schulz und Seehofer kommt in der Berliner CDU-Zentrale nach Angaben aus Parteikreisen eine Runde von 15 Unterhändlern um die Partei- und Fraktionschef zusammen. Bis zu 18 Arbeitsgruppen sollen die Einzelheiten verhandeln. Die Union will die Gespräche über eine Neuauflage der großen Koalition schnell abschließen, als mögliches Enddatum wird das Karnevalswochenende am 10. und 11. Februar genannt. Die Sozialdemokraten wollen sich aber nicht drängen lassen. SPD-Vize Ralf Stegner sprach auf dem Onlinedienst Twitter von einem Zeitrahmen von "zwei bis drei Wochen". Dem Verhandlungsergebnis muss dann noch die SPD-Basis in einer Mitgliederbefragung zustimmen, was bis zu drei Wochen in Anspruch nehmen könnte.
In der SPD hielt unterdessen die Diskussion über einen Kabinettseintritt von Schulz an. Bremens Bürgermeister Carsten Sieling sagte vor den Beratungen im Willy-Brandt-Haus, dies sei "auch eine Frage, über die wir sprechen werden". NRW-Landeschef Michael Groschek wies Spekulationen zurück, die Autorität des SPD-Chefs könnte in Frage gestellt werden: "Er ist der Mannschaftskapitän."
Der Chef des konservativen Flügels "Seeheimer Kreis" in der SPD, Johannes Kahrs, rief seine Partei zu einem Ende der Debatte auf. "Wir haben eine klare Reihenfolge vereinbart. Erst Koalitionsverhandlungen, dann der Mitgliederentscheid und danach das Personal", sagte Kahrs in einem Interview. Schulz hatte nach der schweren Bundestagswahlniederlage erklärt, er werde nicht in eine Merkel-Regierung eintreten.
(F. Dumont--BTZ)