Wahlkommission bestätigt Wiederwahl von Afghanistans Staatschef Ghani
Der afghanische Staatschef Aschraf Ghani ist fast fünf Monate nach der Präsidentenwahl offiziell zum Sieger erklärt worden. Der Amtsinhaber sei mit 50,64 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden, teilte die Wahlkommission am Dienstag in Kabul mit. Ghanis Rivale Abdullah Abdullah wies das Ergebnis allerdings umgehend zurück. Der Regierungschef erklärte sich selbst zum Sieger und rief eine Parallelregierung aus. Die Wahl im vergangenen September war von Betrugsvorwürfen und Unregelmäßigkeiten überschattet worden.
"Der Wahlkommission erklärt Herrn Aschraf Ghani (...) zum Präsidenten von Afghanistan", sagte Kommissionschefin Hawa Alam Nuristani. Abdullah landete demnach mit 39,52 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz. Insgesamt waren 18 Kandidaten zu der Wahl angetreten.
Abdullah erkannte Ghanis Wahlsieg am Dienstag nicht an. "Auf der Grundlage sauberer und biometrischer Stimmen ist unser Team der Gewinner, und wir erklären unseren Sieg", sagte er bei einer Pressekonferenz in Kabul. Zugleich verkündete er die Bildung einer "inklusiven Regierung".
Die Wahlergebnisse hatten eigentlich bereits am 19. Oktober verkündet werden sollen. Wegen technischer Probleme und Betrugsvorwürfen wurde dies aber wiederholt verschoben. Fast eine Million Stimmen wurde als ungültig erklärt. Damit wurden am Ende nur noch 1,8 Millionen Stimmen gezählt - was der kleinsten Wahlbeteiligung in der Geschichte Afghanistans entspricht. 9,8 Millionen der 35 Millionen Einwohner Afghanistans sind wahlberechtigt.
Bereits im Dezember hatte die Wahlkommission den vorläufigen Wahlsieg Ghanis erklärt. Dies hatte zu heftigen Protesten in Abdullahs Wahllager geführt. Schon bei der vorangegangenen Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren hatte es ein Patt gegeben: Sowohl Ghani als auch Abdullah erklärten sich damals zum Sieger. Erst durch Vermittlungen des damaligen US-Präsidenten Barack Obama einigten sich die beiden Kontrahenten auf einen Kompromiss: Ghani wurde Staats- und Abdullah Regierungschef.
Beobachter halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass die USA Abdullah dieses Mal erneut unterstützen. Die Regierung in Washington befindet sich derzeit in der Abschlussphase ihrer Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban über die Bedingungen eines US-Truppenabzugs aus Afghanistan.
Den offiziellen Wahlsieg Ghanis nannte der Politik-Experte Atta Noori einen "Schritt in Richtung möglicher Gespräche" zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. Die instabile Regierung, die Ghani seit der Wahl im September angeführt habe, sei "nicht in der Position für Verhandlungen mit den Taliban" gewesen. Jetzt könne sich Ghani jedoch als "Staatsmann" zeigen und "ein inklusives Team für Verhandlungen mit den Taliban aufstellen", sagte der Experte der Nachrichtenagentur AFP.
(S. Soerensen--BTZ)