Merkel und Macron warnen in Davos vor Protektionismus
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Emmanuel Macron vor Protektionismus und Populismus gewarnt. Es müsse verhindert werden, "dass sich die Fehler des 20. Jahrhunderts wiederholen", sagte Merkel am Mittwoch vor Spitzenvertretern aus Politik und Wirtschaft. Macron forderte einen "neuen Weltvertrag" angesichts einer Ausprägung der Globalisierung, die die Welt "nach unten" ziehe.
Andernfalls werde der Extremismus "in zehn oder 15 Jahren in allen Ländern siegen", fügte Macron in seiner Rede in dem schweizerischen Skiort hinzu. Der Präsident, der zu Beginn Englisch sprach und dann ins Französische wechselte, appellierte an die in Davos zahlreich vertretenen multinationalen Unternehmen, auf die von ihnen "mit Leib und Seele betriebene Steueroptimierung" zu verzichten. Die Regierungen müssten ihre Steuerstrategien weltweit koordinieren - unter anderem, um die säumigen Internetriesen zu besteuern.
"France is back" (Frankreich ist zurück), rief der ehemalige Investmentbanker Macron, der nach Merkel seine Rede hielt. Er bezog sich damit auf die von ihm angestoßenen Maßnahmen zur Ankurbelung der französischen Wirtschaft. Diese erläuterte er ausführlich auf Englisch.
Merkel wandte sich gegen "nationale Egoismen" und rief dazu auf, sich für multilaterale Lösungen und eine enge Zusammenarbeit in Europa und der Welt einzusetzen.
Die Kanzlerin bezog sich in ihrer Rede nicht explizit auf einzelne europäische Länder oder US-Präsident Donald Trump, der mit seiner Strategie "America first" einer der führenden Vertreter nationalstaatlichen Handelns ist. Vielmehr machte Merkel deutlich, dass Deutschland und Europa vor allem die eigenen Herausforderungen meistern müssten, um als starke Partner international agieren zu können.
"Wir glauben, dass Abschottung uns nicht weiterführt, dass Protektionismus nicht die richtige Antwort ist", sagte Merkel, die für eine soziale Marktwirtschaft warb.
Die Eurokrise bezeichnete Merkel als zentrale Herausforderung für Europa. Sie sei aber weitestgehend gemeistert. Anders sei es bei der Migration. Wenn bei vielen Menschen der Eindruck entstehe, dass ihnen etwas weggenommen werde, dann sei dies das "Einfallstor für Rechtspopulismus".
Eine der größten Herausforderungen für Deutschland ist Merkel zufolge die Digitalisierung. Dem Land gehe es zwar gut, doch dürfe es künftig bei der Digitalisierung nicht von anderen überrollt werden und dann wirtschaftlich zurückfallen. Dabei merkte sie an, dass die Bereitschaft zur Veränderung in einer alternden Gesellschaft wie Deutschland nicht so ausgeprägt sei wie etwa in China oder anderen Ländern.
Auch Liu He, der mächtige Wirtschaftsberater des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, sprach sich "gegen jegliche Form von Protektionismus" aus. Er versprach zusätzliche Reformen, um China der Welt zu öffnen. Zuvor hatten sich am Dienstag bereits die Regierungschefs von Indien und Kanada, Narendra Modi und Justin Trudeau, gegen Abschottung positioniert.
Merkel führte am Rande des Weltwirtschaftsforums auch mehrere Gesprächen, unter anderen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und dem argentinischen Präsidenten Mauricio Macri. Am Freitag, dem letzten Tag des viertägigen Treffens, hat Trump seinen Auftritt in Davos. Sein Finanzminister Steven Mnuchin verteidigte am Mittwoch in dem Wintersportort die "America First"-Strategie des US-Präsidenten. "America First bedeutet, mit dem Rest der Welt zusammenzuarbeiten", sagte er vor Journalisten.
Schroffer äußerte sich US-Handelsminister Wilbur Ross. Zu den Strafzöllen, die die US-Regierung in dieser Woche auf Waschmaschinen und Solarmodule aus China erhoben hat, sagte er, Handelskriege gebe es schon "seit einer ganzen Weile". Der Unterschied heute sei, "dass die US-Truppen an die Front gehen".
(D. Fjodorow--BTZ)