Britische Regierung genehmigt umstrittene Hochgeschwindigkeitszugstrecke
Nach jahrelangem Streit hat die britische Regierung den Bau einer umstrittenen Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke endgültig genehmigt. Das Kabinett habe dem Projekt "grünes Licht" gegeben, sagte Premierminister Boris Johnson am Dienstag im Unterhaus in London. Johnson hatte das Großprojekt trotz explodierender Kosten und Kritik von Umweltschützern unterstützt.
Bei seinem Auftritt stellte der Premierminister ein Bauende bis zum Ende des Jahrzehnts in Aussicht. Nach Behördenangaben sollen die Bauarbeiten an der Trasse, die London mit Mittel- und Nordengland verbinden soll, bereits im April beginnen.
Zahlreiche Abgeordnete, darunter auch solche aus Johnsons konservativer Partei, hatten das Projekt kritisiert. Sie forderten, das Geld anderweitig einzusetzen. Unabhängigen Schätzungen zufolge dürfte das derzeit größte Infrastrukturprojekt in Europa mehr als 100 Milliarden Pfund (118 Milliarden Euro) kosten.
Johnson argumentierte dagegen, dass die sogenannte HS2-Verbindung dazu beitragen werde, die Wirtschaft außerhalb Londons zu stärken und den Ausstoß schädlicher Treibhausgase zu reduzieren, weil Autofahrer auf die Bahn umsteigen würden. Er machte außerdem "schlechtes Management" für die Verzögerungen verantwortlich und kündigte die Schaffung eines neuen Ministerialpostens zur Aufsicht über das Projekt an.
Die Vorbereitungen für die erste Etappe der Strecke von London bis zur zweitgrößten britischen Stadt Birmingham sind bereits weit fortgeschritten. Mit dem Beschluss der Regierung können die Bauarbeiten nun endgültig beginnen. In einer zweiten Phase soll die Strecke auf die weiter nördlich gelegenen Städte Manchester und Leeds ausgebaut werden. Dieser Plan wird allerdings derzeit noch überprüft.
Die britische Handelskammer begrüßte die Weiterführung des Projekts. Auch die oppositionelle Labour-Partei unterstützte das Vorhaben, warf den Konservativen aber vor, die Kosten explodieren zu lassen. Greenpeace hingegen kritisierte, dass die geplante HS2-Route durch "unersetzliche Wild- und Naturgebiete" führe.
Johnson ist für seine Vorliebe für große Infrastrukturprojekte bekannt. Erst am Montag hatte Downing Street verkündet, dass sich der Premierminister für eine Brücke zwischen Schottland und Nordirland einsetze - ein weiteres Milliardenprojekt. Während seiner Amtszeit als Londoner Bürgermeister hatte Johnson den Bau einer neuen Brücke über die Themse gefordert. Dieses Projekt war aber letztlich an den hohen Kosten von rund 63 Millionen Euro gescheitert.
(D. Fjodorow--BTZ)