
Wiederaufrüstung der EU: Kreml wirft Europäern feindliche Haltung vor

Russland hat scharf auf die Einigung der EU zu ihrer Wiederaufrüstung reagiert. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow kritisierte am Freitag in Moskau, die Europäer stellten Russland als "Hauptfeind" dar und nutzten "konfrontative Rhetorik". Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich zuvor bei einem Krisengipfel in Brüssel grundsätzlich auf höhere Verteidigungsausgaben verständigt. Alle Länder außer Ungarn verurteilten zudem den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
EU-Ratspräsident António Costa und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen informierten Partnerländer wie Großbritannien, Norwegen, die Türkei und Kanada am Freitag per Videokonferenz über die Gipfelergebnisse. "Wir bewegen uns entschlossen in Richtung eines starken und souveränen Europas der Verteidigung", hatte Costa nach dem Gipfel gesagt. Darin will die EU die Drittländer mit einer "Koalition der Willigen" einbinden.
Alle 27 EU-Länder hatten in ihrer Gipfelerklärung von der Leyens Plan für eine "Wiederbewaffnung Europas" begrüßt. Die Kommissionschefin kündigte noch vor dem regulären EU-Gipfel am 20. und 21. März detaillierte Vorschläge zur Finanzierung an.
Von der Leyen schlägt eine Lockerung der EU-Schuldenregeln und weitere Anreize zur Steigerung der nationalen Verteidigungsausgaben vor. Insgesamt will sie bis zu 800 Milliarden Euro zur Verteidigung gegen Russland mobilisieren.
Die Kommissionschefin sprach bei dem Gipfel von einem "Wendepunkt" für die Sicherheit Europas und der Ukraine. Sie spielte damit auf die Annäherung von US-Präsident Donald Trump an Kreml-Chef Wladimir Putin an und die vorläufige Aussetzung der US-Militärhilfen für die Ukraine.
Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ermahnte die Europäer nach dem Gipfel, alles dafür zu tun, dass der Ukraine-Krieg "nicht eskaliert". Zugleich zeigte er sich erfreut über den Willen von Union und SPD, in Deutschland Beschlüsse zur Verteidigungsfinanzierung voranzutreiben und damit in Europa voranzugehen. Neben weitreichenden Ausnahmen von der Schuldenbremse für solche Ausgaben ist auch ein neues Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur geplant.
Der Vorsitzende der konservativen EVP im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), nannte eine Wiederaufrüstung "überfällig". Europa werde "nicht mehr so unterstützt wie in der Vergangenheit", sagte Weber im ZDF-"Morgenmagazin" zu Trumps Außenpolitik.
Scharfe Kritik kam dagegen von der Linkspartei und der AfD im EU-Parlament. Linken-Co-Fraktionschef Martin Schirdewan erklärte, Deutschland und Europa brauchten Milliardeninvestitionen, "aber nicht in Panzer und Raketen, sondern in unsere Infrastruktur, in gut bezahlte Arbeitsplätze und in den Klimaschutz". Die AfD-Delegation warf von der Leyen "Kriegsgebaren" vor und forderte "ein Ende des sinnlosen Sterbens in der Ukraine" und Verhandlungen mit Russland.
Die EU hatte den Krisengipfel nach dem Eklat zwischen Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus vor rund einer Woche einberufen. Selenskyj nahm als Gast an dem EU-Gipfel teil und dankte den Europäern für ihre Rückendeckung. Kommende Woche soll es in Saudi-Arabien das erste Treffen von Vertretern der USA und der Ukraine seit dem Streit geben.
Ungarns Regierungschef Viktor Orban scherte bei dem EU-Gipfel erneut aus. Der Russland-nahe Ministerpräsident verweigerte seine Zustimmung zu einer Erklärung zur fortgesetzten Unterstützung der Ukraine. Stattdessen bekräftigten die anderen 26 Länder, dass es keine Friedenslösung über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer hinweg geben könne.
Der französische Präsident Emmanuel Macron bekräftigte in Brüssel seinen Vorschlag, den Atomschutzschirm seines Landes auf andere europäische Länder auszuweiten.
O. Larsen--BTZ