Rentenversicherung kritisiert Heils Gesetzentwurf zur Grundrente
Die Deutsche Rentenversicherung stellt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wegen der geplanten Grundrente ein schlechtes Zeugnis aus. In einer am Dienstag bekannt gewordenen Stellungnahme zu Heils Gesetzentwurf übt die Behörde massive inhaltliche, verfassungsrechtliche und finanzielle Bedenken. Zudem stellt sie den geplanten Start am 1. Januar 2021 in Frage.
Die sozialpolitische Begründung der vorgesehenen Regelungen sei "zum Teil widersprüchlich und in der Zielstellung nicht eindeutig", heißt es in dem 16-seitigen Dokument, das AFP vorliegt und aus dem zuerst das "Handelsblatt" berichtete. Das Vorhaben stelle eine "noch nie dagewesene Zäsur" dar, die Umsetzung werde die Rentenversicherung "außerordentlich stark belasten".
Die Verwaltungskosten im Einführungsjahr würden "voraussichtlich mehrere hundert Millionen Euro und damit mehr als 25 Prozent der Leistungsausgaben für die Grundrente betragen". Der für die Einkommensprüfung geplante Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzämtern lasse sich bis 2021 nicht aufbauen, für den notwendigen Stellenaufbau wegen des erhöhten Verwaltungsaufwandes gebe es kurzfristig kein Personal.
"Von daher müsste das Inkrafttreten des Gesetzes entsprechend verschoben werden", heißt es in der Stellungnahme. Ob die im Referentenentwurf angegebenen Mehrausgaben für die Grundrente von 1,4 Milliarden Euro im Einführungsjahr "plausibel sind, lässt sich von der Deutschen Rentenversicherung nicht überprüfen".
"Sachdienliche Verfahrenshinweise nehmen wir ernst", erklärte eine Sprecherin Heils auf Anfrage. Das Ministerium habe "stets betont, dass die Einführung der Grundrente ein Kraftakt aller Beteiligter sein wird, den wir aber stemmen wollen". Die Grundrente solle "in enger Abstimmung mit der Deutschen Rentenversicherung erfolgen".
Heil hatte geplant, den Gesetzentwurf noch im Januar im Bundeskabinett beschließen zu lassen. Der vorgelegte Gesetzentwurf stößt aber auch beim Koalitionspartner CDU/CSU auf große Bedenken. So hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, in der Ressortabstimmung Bedenken anzumelden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnte eine rasche Umsetzung an. "Für offene Fragen muss die Regierung pragmatische Lösungen finden und ist sicher offen für konkrete und konstruktive Verbesserungsvorschläge auch aus der Praxis", erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach gegenüber AFP. "Alle Beteiligten müssen nun auf eine einfache und transparente Umsetzung zum 1. Januar 2021 hinwirken."
Heils Entwurf sieht vor, dass Geringverdiener, die mindestens 33 Jahre "Grundrentenzeiten" vorweisen können, einen Zuschlag auf die Rente erhalten sollen. "Grundrentenzeiten" sind Zeiten, in denen Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit gezahlt wurden. Der Grundrentenzuschlag soll in einer Staffelung von 33 bis 35 Beitragsjahren ansteigend berechnet werden.
(I. Johansson--BTZ)