Türkei will "keinen Schritt zurück" weichen bei Offensive in Afrin
Vor einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu Syrien hat die Türkei sich entschlossen gezeigt, ihre Offensive gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in der syrischen Region Afrin zu Ende zu führen. "Wir werden keinen Schritt zurück weichen", sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag. Das Vorgehen sei mit Russland abgesprochen, versicherte er. In der Türkei gab es derweil dutzende Festnahmen wegen des Vorwurfs der "Terrorpropaganda".
"Wir sind entschlossen, Afrin wird geregelt werden", sagte Erdogan bei einer Versammlung in Ankara. "Wir haben darüber mit unseren russischen Freunden gesprochen. Wir haben eine Vereinbarung." Auch mit den USA habe seine Regierung gesprochen, habe sie aber "bei einigen Fragen nicht überzeugen" können, sagte Erdogan. Der Einsatz werde beendet, sobald "das Ziel erreicht ist".
Auch am dritten Tag der Offensive in Afrin nahm die türkische Artillerie kurdische Stellungen unter Beschuss, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die Armee meldete. Dabei seien in der Nacht zu Montag auch zwei YPG-Stellungen zerstört worden, von denen aus Raketen auf die türkische Grenzstadt Reyhanli abgeschossen worden seien.
Bei dem Raketenbeschuss waren ein Mensch getötet und 46 weitere verletzt worden. Laut Anadolu besetzten die türkischen Truppen elf Stellungen, die zuvor von YPG-Kämpfern geräumt worden waren. Türkische Panzer waren am Sonntag in Begleitung von Infanterie nach Afrin vorgerückt. Auch protürkische Rebellengruppen beteiligen sich an der Operation "Olivenzweig".
Mit dem am Samstag gestarteten Einsatz will die Türkei eine 30 Kilometer tiefe Pufferzone entlang der Grenze schaffen. Ankara betrachtet die YPG als syrischen Zweig der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und damit als Terrororganisation. Die YPG ist aber ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Auf Initiative Frankreichs wollte der UN-Sicherheitsrat am Montag in New York in einer Dringlichkeitssitzung über Syrien beraten. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu versicherte, dabei werde es um die Offensive der syrischen Regierungstruppen in der Provinz Idlib und die Belagerung der Rebellenhochburg Ost-Ghuta gehen, nicht aber um Afrin.
Moskau kündigte an, auch Vertreter der Kurden zu den Friedensgesprächen in Sotschi Ende Januar einzuladen. Die Rolle der Kurden im Friedensprozess müsse garantiert sein, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Der Kongress des nationalen Dialogs wird gemeinsam von Russland, der Türkei und dem Iran organisiert. Die Türkei lehnt eine Einladung der YPG vehement ab.
Laut der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bei den türkischen Luftangriffen in Afrin seit Samstag 21 Zivilisten getötet, darunter sechs Kinder. Für Medien sind die Angaben der in Großbritannien ansässigen Organisation kaum zu überprüfen. Berichte über zivile Opfer bezeichnet Ankara als "Propaganda und Lügen" und geht mit Härte gegen Kritiker vor. Laut Medienberichten wurden am Montag 24 Verdächtige in den südöstlichen Provinzen Diyarbakir und Mardin wegen "Terrorpropaganda" zugunsten der YPG festgenommen. Sie sollen in den sozialen Medien die YPG unterstützt haben.
Die Staatsanwaltschaft in Istanbul leitete zudem Ermittlungen gegen 57 Verdächtige wegen ihrer Aktivitäten bei Twitter ein. Laut den Medienberichten gab es auch Ermittlungen gegen vier Abgeordnete der prokurdischen Partei HDP wegen Protestaufrufen. Erdogan hat gedroht, dass jeder, der Aufrufen zu Protesten folgt, einen "hohen Preis" zahlen werde.
Mehrere geplante Protestaktionen in Istanbul, Ankara und Diyarbakir wurden bereits von der Polizei unterbunden. In Nordzypern griffen derweil mehrere hundert Demonstranten die Redaktion der regierungskritischen Zeitung "Afrika" an, nachdem diese auf ihrer Titelseite den Einsatz in Afrin als "Besatzung" bezeichnet hatte.
(L. Solowjow--BTZ)