Schwierige Verhandlungen über erneute große Koalition erwartet
Union und SPD stehen vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. CDU-Vize Volker Bouffier nannte das nur knappe Votum des SPD-Sonderparteitags für die Aufnahme von Verhandlungen am Sonntag eine "schwere Hypothek". Die Sozialdemokraten fordern zudem Nachbesserungen am Sondierungsergebnis von Union und SPD. Führende Unionspolitiker pochen dagegen darauf, an Kernpunkten der Sondierungen nicht zu rütteln.
Auf dem SPD-Sonderparteitag in Bonn stimmten 56 Prozent der Delegierten für den Antrag der Parteispitze um SPD-Chef Martin Schulz. Zuvor hatten Befürworter und Gegner eine heftige und kontroverse Debatte darüber geführt, ob die SPD in Verhandlungen mit CDU und CSU über die Bildung einer erneuten großen Koalition eintreten soll. Parteichef Schulz warb eindringlich für seinen Kurs. Auch direkt vor der Abstimmung richtete er sich noch einmal an den Parteitag: Dies sei ein "Schlüsselmoment in der jüngeren Geschichte unserer Partei", die Alternative zu weiteren Verhandlungen seien Neuwahlen. "Man muss nicht um jeden Preis regieren, aber man darf auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen", sagte der SPD-Chef. Juso-Chef Kevin Kühnert bekräftigte in der Parteitagsdebatte sein Nein zu einer neuen "Groko".
Nach der Abstimmung zeigte sich Schulz erleichtert. Das Ergebnis zeige aber auch, dass "hart gerungen" werden musste, sagte der SPD-Chef im Fernsehsender Phoenix. Er kündigte harte Koalitionsverhandlungen an. "Sondierungen haben den Charakter, auszuloten, ob man überhaupt verhandeln kann", sagte Schulz.
Der vom SPD-Parteitag angenommene Beschluss enthält Forderungen nach Nachbesserungen in zentralen Themenfeldern der bisher erreichten Sondierungsergebnisse. Dies betrifft unter anderem eine zusätzliche Härtefallregelung beim Familiennachzug für Flüchtlinge, Schritte hin zu einem Ende der Zwei-Klassen-Medizin sowie eine Eindämmung befristeter Arbeitsverhältnisse.
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles dämpfte allerdings die Erwartungen. Bei Verhandlungen sei es eben auch so, "dass wir 100 Prozent am Ende wahrscheinlich nicht haben", sagte sie im ZDF. "Aber so viel wie möglich - das ist mein Ehrgeiz".
Führende Unionspolitiker wandten sich gegen Nachverhandlungen des Sondierungsergebnisses. "Wir werden aus unserer Sicht die Kernpunkte nicht nochmal alle aufmachen", sagte der hessische Ministerpräsident Bouffier. Das Sondierungsergebnis gelte. CDU-Vize Thomas Strobl stellte klar, dass in den Sondierungen Vereinbarte könne "nicht geändert werden". Die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner sagte: "Einseitiges Nachverhandlen kann es natürlich nicht geben."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte, dass nun der Weg für Verhandlungen frei sei. Die CDU-Vorsitzende sprach sich dafür aus, dass die Gespräche mit den Sozialdemokraten jetzt "sehr schnell aufgenommen" werden sollten. Die Unionsparteien wollten am Montag gemeinsam ihren "Verhandlungspfad" festlegen. Wann dann die Koalitionsverhandlungen starten können, sagte Merkel nicht.
Die Kanzlerin hob hervor, das Sondierungspapier von Union und SPD sei "dabei der Rahmen", in dem verhandelt werde. "Dabei wird es natürlich eine Vielzahl von Fragen noch zu klären geben im Detail", fügte Merkel hinzu. "Und das wird auch sicherlich nochmal intensive Beratungen erfordern."
(K. Berger--BTZ)