Scholz-Sprecher: Regierung auch nach Vertrauensfrage "voll handlungsfähig"
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht auch nach der Vertrauensfrage und der erwarteten Einleitung von Neuwahlen die Regierung "voll handlungsfähig". Nach der Abstimmung im Bundestag am Montag müsse zunächst der Bundespräsident prüfen, ob er das Parlament auflöst und Neuwahlen ansetzt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag vor Journalisten. Auch später, wenn die rot-grüne Minderheitsregierung nur noch geschäftsführend im Amt sei, bleibe diese umfassend handlungsfähig.
Dies gelte auch auf internationaler Ebene, sagte Hebestreit, der insbesondere nach dem Westbalkan- und EU-Gipfel am Mittwoch und Donnerstag kommender Woche gefragt wurde. Die Regierung werde bis zu ihrer Ablösung "vernünftig und verantwortungsvoll" mit den ihr übertragenen Aufgaben umgehen, sicherte der Scholz-Sprecher zu.
Hebestreit ging erneut nicht davon aus, dass die durch den Kanzler angestrebte Einleitung von Neuwahlen scheitern könnte, weil genügend Abgeordnete im Bundestag Scholz das Vertrauen aussprechen. Dies sei "eine sehr hypothetische Frage", sagte er. Der Regierungssprecher verwies darauf, dass die Grünen-Fraktion ihren Abgeordneten bereits empfohlen hat, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Hintergrund sind Befürchtungen, dass etwa Abgeordnete der AfD Scholz das Vertrauen aussprechen könnten, um Chaos im Parlament zu verursachen.
Scholz hatte nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November Neuwahlen angekündigt. Er nutzt dazu die Vertrauensfrage. Verliert er sie, kann der Bundespräsident Neuwahlen ansetzen. Hebestreit zufolge wird sich Scholz nach der Abstimmung am Montagnachmittag persönlich ins Schloss Bellevue begeben, um Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um die Auflösung des Bundestages zu bitten. Das Parlament könnte danach bis zur Wahl genauso weiterarbeiten wie die Regierung.
Die bisherige Regierung bleibt nach geltendem Recht im Amt, bis sich nach der Wahl ein neuer Bundestag konstituiert. Dies muss nach Artikel 39 Grundgesetz spätestens 30 Tage nach der Wahl erfolgen. Danach wäre die bisherige Regierung nur noch geschäftsführend im Amt. Koalitionsverhandlungen für die Bildung einer neuen Regierung sind bis dahin in der Regel noch nicht abgeschlossen.
Eine geschäftsführende Bundesregierung besitzt dieselben Befugnisse wie eine regulär im Amt befindliche Regierung. Gängige Praxis ist jedoch, dass sie keine Entscheidungen trifft, die eine nachfolgende Bundesregierung binden würden. Dies betrifft insbesondere finanzielle oder personelle Entscheidungen oder Abkommen mit anderen Staaten.
L. Pchartschoy--BTZ