Regierungsgegner in Georgien setzen nach dutzenden Festnahmen Proteste fort
In Georgiens Hauptstadt Tiflis haben den zehnten Abend in Folge tausende Menschen gegen die Regierung protestiert. Die pro-europäischen Demonstranten versammelten sich am Samstag vor einer Universität und marschierten von dort aus zum Parlament, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Nach den Protesten am Vortag waren dutzende Demonstranten festgenommen worden. Deutschland, Frankreich und Polen verurteilten das Vorgehen der georgischen Behörden gegen die Regierungsgegner.
Die Teilnehmer des Protestmarschs am Samstag blockierten auf ihrem Weg zum Parlament eine der wichtigsten Straßen der Stadt. "Die Regierung versucht, uns zu verhaften, uns zu bestrafen, aber wir weichen nicht zurück, wir haben keine Angst", sagte der 19-jährige Demonstrant Giorgi Romanadse. "Wir wollen Europa und nur Europa."
In den Nächten zuvor hatten sich die Demonstranten direkt vor dem Parlamentsgebäude versammelt, wo ihre Kundgebungen meist von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst wurden.
Auch in der Nacht zum Samstag hatte die Polizei Wasserwerfer eingesetzt, um die bis dahin friedlich auftretenden Demonstranten zu vertreiben. Daraufhin warfen Protestierende Feuerwerkskörper in Richtung der Einsatzkräfte. 48 Menschen seien festgenommen worden, weil sie sich "legitimen Befehlen" der Ordnungskräfte widersetzt und "Vandalismus" begangen hätten, teilte das Innenministerium am Samstag mit.
Die pro-europäischen Proteste, die in der vergangenen Woche begonnen hatten, richten sich insbesondere gegen den von Regierungschef Irakli Kobachidse angekündigten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen des Kaukasusstaats bis 2028. Zuletzt ging die Regierung immer härter gegen die Opposition vor.
Es gab hunderte Festnahmen, was im In- und Ausland auf Kritik stößt. Deutschland, Frankreich und Polen verurteilten am Freitag das Vorgehen der georgischen Regierung gegen die pro-europäischen Proteste. Die drei Länder prangerten zudem die Gewalt gegen Oppositionelle und Journalisten an, wie es in einer gemeinsamen Erklärung des Auswärtigen Amts und der Außenministerien von Frankreich und Polen hieß.
Die Lage in Georgien ist seit der Parlamentswahl vom 26. Oktober stark angespannt. Die Moskau-freundliche Regierungspartei Georgischer Traum hatte laut offiziellem Wahlergebnis eine deutliche Mehrheit errungen. Die Opposition wirft ihr jedoch Wahlbetrug vor. Sie beschuldigt die Regierung der früheren Sowjetrepublik, Georgien wieder an Russland heranrücken zu wollen.
Georgien ist seit Dezember 2023 offiziell EU-Beitrittskandidat. Seitdem hat die Regierung aber mehrere Gesetze verabschiedet, die in Brüssel große Sorge hervorrufen, darunter ein Gesetz nach russischem Vorbild gegen "ausländische Einflussnahme". Die EU fror deshalb Ende Juni den Beitrittsprozess mit Georgien ein.
L. Pchartschoy--BTZ