Oberstes Gericht Rumäniens annulliert erste Runde der Präsidentschaftswahl
Das Oberste Gericht Rumäniens hat die von Vorwürfen russischer Beeinflussung überschattete Präsidentschaftswahl vollständig annulliert. "Das Verfahren zur Wahl des Präsidenten von Rumänien wird komplett neu aufgenommen", teilte das Verfassungsgericht am Freitag mit. Es habe die Entscheidung getroffen, "um die Korrektheit und Rechtmäßigkeit des Wahlprozesses sicherzustellen". Die Stichwahl um das Präsidentenamt am kommenden Sonntag ist damit abgesagt.
Die erste Wahlrunde am 24. November hatte überraschend der rechtsradikale und russlandfreundliche Kandidat Calin Georgescu gewonnen. In einer Stichwahl sollte er eigentlich am Sonntag gegen die zweitplatzierte Mitte-Rechts-Politikerin Elena Lasconi antreten. Der sozialdemokratische Regierungschef Marcel Ciolacu, der ebenfalls für das Präsidentenamt kandidiert hatte, war als Drittplatzierter überraschend ausgeschieden.
Wegen Zweifeln an einem ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl in dem EU- und Nato-Land hatte das Oberste Gericht zunächst eine Neuauszählung der Stimmen angeordnet. Am vergangenen Montag stufte es das amtliche Ergebnis der ersten Wahlrunde dann als korrekt ein. Russland hatte die Vorwürfe einer Einmischung zurückgewiesen.
Kurz vor der Stichwahl gab das rumänische Präsidialamt dann am Mittwochabend Geheimdienstdokumente mit Belegen für eine Wahlbeeinflussung frei. Georgescu wurde demnach mit Hilfe einer "aggressiven" Werbekampagne unterstützt, die gegen das Wahlgesetz verstoßen habe. Unter anderem ist von einer koordinierten "Guerilla"-Kampagne auf der Videoplattform Tiktok mit "manipulierten" Influencern und der Nutzung von Algorithmen sowie mehr als 85.000 Cyberattacken die Rede.
Nach der Veröffentlichung der Dokumente entschied das Oberste Gericht, die erste Runde der Präsidentschaftswahl komplett zu wiederholen. Die Entscheidung wurde demnach einstimmig getroffen. "Die Regierung wird einen neuen Termin für die Wahl des rumänischen Präsidenten festlegen", teilte das Gericht mit.
Regierungschef Ciolacu begrüßte die Gerichtsentscheidung als "die einzig richtige Lösung". Die freigegebenen Dokumente hätten eindeutig festfestellt, dass das Wahlergebnis "durch die Einmischung Russlands eklatant verfälscht wurde".
Die EU-Kommission hatte bereits am Donnerstag ihre Überwachung von Tiktok verschärft. Brüssel begründete den Schritt mit dem Risiko von "Manipulation". Tiktok wies die Vorwürfe einer Wahlbeeinflussung zurück. "Wir haben bislang keine Hinweise darauf, dass auf unserer Plattform eine koordinierte Kampagne stattgefunden hat", teilte eine Sprecherin am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP mit.
U. Schmidt--BTZ