Südkoreas Präsident Yoon kündigt Aufhebung des Kriegsrechts an
Wenige Stunden nach der überraschenden Ausrufung des Kriegsrechts hat Südkoreas Staatschef Yoon Suk Yeol angekündigt, die Maßnahme wieder zurückzunehmen. "Soeben hat die Nationalversammlung die Aufhebung des Ausnahmezustands gefordert, und wir haben das Militär abgezogen, das für den Einsatz unter Kriegsrecht eingesetzt war", erklärte Yoon am Mittwoch (Ortszeit) in einer Fernsehansprache. Die vor dem zeitweise abgeriegelten Parlament versammelten Demonstranten begrüßten die angekündigte Aufhebung mit großem Jubel.
"Wir werden der Bitte der Nationalversammlung nachkommen und das Kriegsrecht in einer Kabinettssitzung aufheben", fügte Yoon in seiner Ansprache am Mittwoch hinzu. 190 Abgeordnete waren nach der Ausrufung des Kriegsrechts in das Parlamentsgebäude gelangt und hatten einstimmig für die Aufhebung des Kriegsrechts votiert, wie Parlamentspräsident Woo Won Shik mitteilte. Die südkoreanische Verfassung sieht vor, dass das Kriegsrecht aufgehoben wird, wenn eine Mehrheit im 300 Sitze fassenden Parlament dies verlangt.
Yoon hatte vor dem Hintergrund eines Streits über den Staatshaushalt mit der Opposition das Kriegsrecht ausgerufen. Er argumentierte, die Opposition habe ohne jede Rücksicht auf das "Auskommen" der Bevölkerung die Regierung "gelähmt". "Um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen zu schützen und um anti-staatliche Elemente zu eliminieren (...), rufe ich hiermit das Kriegsrecht aus", hatte er am Dienstagabend (Ortszeit) gesagt.
Der Präsident nannte keine konkreten Bedrohungen. Die beiden Bruderstaaten befinden sich jedoch seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell nach wie vor im Kriegszustand. Die Beziehungen beider Länder befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt.
Yoon rief das Kriegsrecht inmitten eines Streits seiner PP-Partei mit der größten Oppositionskraft Demokratische Partei über das Haushaltsgesetz für kommendes Jahr aus. Die Abgeordneten der Opposition, die im Parlament die Mehrheit haben, hatten vergangene Woche nur eine deutlich abgespeckte Fassung des Haushaltsentwurfs im zuständigen Parlamentsausschuss gebilligt.
H. Müller--BTZ