Trotz Waffenruhe weiter Vorfälle im Libanon - Hamas veröffentlicht Geisel-Video
Trotz der vereinbarten Waffenruhe kommt es im Libanon weiter vereinzelt zu Zwischenfällen zwischen Israel und der Hisbollah. Am Samstag meldete die israelische Armee Angriffe auf ein Waffenlager der Miliz im Südlibanon. Auch die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von mehreren Vorfällen. Die mit der Hisbollah verbündete islamistische Hamas veröffentlichte derweil ein Video von einer seit mehr als einem Jahr im Gazastreifen festgehaltenen US-israelischen Geisel.
Die israelische Armee meldete einen Angriff auf "militärische Infrastrukturstandorte in der Nähe von Grenzübergängen zwischen Syrien und dem Libanon", die von der Hisbollah für Waffenschmuggel aus Syrien genutzt würden. Dies stelle "de facto eine Bedrohung für den Staat Israel dar", hieß es in einer Armee-Erklärung. Die Waffen waren demnach von der Hisbollah in einer Moschee versteckt worden.
In einer separaten Erklärung teilte die israelische Armee mit, dass sie eine aus dem Osten des Libanon gestartete Drohne abgefangen habe. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete ihrerseits von einem "Drohnenangriff auf ein Auto in der Nähe der Stadt Madschdal Sun" im Süden des Libanon sowie von Granatenbeschuss und "zeitweiligem Artilleriefeuer" in zwei weiteren Dörfern.
Nach mehr als einem Jahr zunehmend heftiger Kämpfe war am Mittwoch eine Waffenruhe zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Hisbollah in Kraft getreten. Israel hatte bei deren Abschluss angekündigt, weiter gegen Bedrohungen aus dem Libanon vorzugehen, "falls die Hisbollah gegen das Abkommen verstößt und versucht, sich wieder zu bewaffnen".
Die von den USA und Frankreich vermittelte Vereinbarung sieht vor, dass die israelische Armee den Südlibanon innerhalb von 60 Tagen schrittweise verlässt. Auch die Hisbollah soll sich aus dem Grenzgebiet bis hinter den etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernten Fluss Litani zurückziehen und ihre militärischen Stützpunkte auflösen. Lediglich die libanesische Armee und UN-Blauhelme der Friedensmission Unifil sollen vor Ort verbleiben.
Die Hisbollah hatte ihre Zustimmung zu der Vereinbarung nicht mehr wie bisher an eine Waffenruhe im Gazastreifen geknüpft. Nach dem brutalen Überfall der dort herrschenden Hamas auf südisraelische Städte, Kibbuze und ein Musikfestival am 7. Oktober 2023 hatte die Hisbollah mit regelmäßigen Raketenangriffen vom Libanon aus eine zweite Front gegen den Norden Israels eröffnet.
Derweil veröffentlichte die Hamas erneut ein Geisel-Video. Der Zeitpunkt der Aufnahme ist unklar, in ihr ist der US-israelische Doppelstaatler Edan Alexander zu sehen, der am 7. Oktober 2023 von seinem Wachposten nahe des Kibbuz Nirim entführt worden war. Der 20-Jährige richtet sich darin auf Englisch an den designierten US-Präsidenten Donald Trump und auf Hebräisch an Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu.
Edans Mutter Yael Alexander berichtete am Samstagabend von einem mit Netanjahu geführten Telefonat. Sie habe darin an dessen "Versprechen" appelliert, die Geiseln zu befreien, sagte sie bei einer Kundgebung für die Geiseln in Tel Aviv.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, Sean Savett, nannte das Hamas-Video eine "grausame Erinnerung an den Terror der Hamas". "Der Krieg im Gazastreifen würde morgen aufhören und das Leiden der Menschen im Gazastreifen hätte ein Ende, wenn die Hamas zustimmen würde, die Geiseln freizulassen", erklärte Savett.
Vor der Video-Veröffentlichung hatte die Hamas mitgeteilt, dass sie am Samstag in Kairo mit dem Vermittler Ägypten die stockenden Gespräche über eine mögliche Waffenruhe im Gazastreifen wieder aufnehmen würde. Die USA, Ägypten und Katar versuchen seit Monaten, die Freilassung der israelischen Geiseln und eine Feuerpause im Gazastreifen zu erwirken.
Am Sonntag forderte auch der Herrscher des Golfemirats Kuwait eine sofortige Feuerpause im Gazastreifen. Bei einem Treffen des Golf-Kooperationsrats rief Kronprinz Scheich Meschal al-Ahmad al-Dschaber al-Sabah die internationale Gemeinschaft unter anderem auf, "eine sofortige Waffenruhe zu schließen" und "die Ankunft dringend benötigter humanitärer Hilfe zu gewährleisten".
Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA stellte derweil die Lieferung von Hilfsgütern über den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom in den Gazastreifen vorübergehend ein. Die Route hinter dem Übergang sei "seit Monaten nicht mehr sicher", erklärte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Sonntag im Onlinedienst X mit Blick auf einen Vorfall vom 16. November, bei dem "ein großer Konvoi von Hilfsgütern von bewaffneten Banden gestohlen" worden sei.
"Gestern haben wir versucht, einige Lebensmittel-LKW auf der gleichen Route zu transportieren. Sie wurden alle gestohlen", fügte der UNRWA-Chef hinzu, wobei er vor einer "rapiden" Verschärfung der humanitären Lage warnte. Israel forderte er überdies auf, "Angriffe auf humanitäre Helfer zu unterlassen".
Einen Tag zuvor waren bei einem israelischen Luftangriff auf ein Auto in Chan Junis drei humanitäre Helfer getötet worden. Laut Hamas-Zivilschutzbehörde waren sie für die US-Hilfsorganisation Word Central Kitchen (WCK) tätig.
Nach Angaben der israelischen Armee handelte es sich bei einem der Getöteten um einen palästinensischen WCK-Mitarbeiter, der als "Terrorist" am 7. Oktober 2023 am Massaker im Kibbuz Nir Oz beteiligt war. WCK hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnis davon, "dass eine Person in dem Fahrzeug mutmaßlich Verbindungen zum Angriff der Hamas am 7. Oktober" gehabt habe.
A. Bogdanow--BTZ