IStGH-Haftbefehl gegen Netanjahu: Frankreich verweist auf dessen Immunität
Kurz nach Israels Zustimmung zu einer Waffenruhe mit der libanesischen Hisbollah-Miliz hat Frankreich erkennen lassen, dass der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erlassene Haftbefehl in Frankreich nicht zu dessen Festnahme führen würde. Netanjahu verfüge über die Immunität eines Staates, der dem IStGH nicht beigetreten sei, erklärte das französische Außenministerium am Mittwoch.
"Solche Immunitäten gelten für Ministerpräsident Netanjahu und die anderen betroffenen Minister und müssen berücksichtigt werden, sollte der IStGH uns um ihre Verhaftung und Überstellung bitten", erklärte das Ministerium. Es verwies darauf, dass Frankreich seine internationalen Verpflichtungen einhalten werde.
Frankreich beabsichtige zudem, "weiterhin eng mit Ministerpräsident Netanjahu und den übrigen israelischen Behörden zusammenzuarbeiten, um Frieden und Sicherheit für alle im Nahen Osten zu erreichen", hieß es weiter.
Am Dienstagabend hatte das israelische Sicherheitskabinett einer von den USA und Frankreich vermittelten Waffenruhe im Libanon zugestimmt. US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigten gemeinsam an, für deren Umsetzung zu sorgen.
Die Bewertung der Immunität eines Staats- oder Regierungschefs eines Landes, das nicht zu den IStGH-Vertragsstaaten gehört, ist juristisch umstritten. Die Frage wurde bereits zuvor bei Haftbefehlen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Sudans Staatschef Omar al-Baschir diskutiert.
Die französische Grünen-Politikerin Marine Tondelier bezeichnete die Erklärung des Außenministeriums als "Schande". Frankreich beuge sich den Forderungen Netanjahus, kritisierte sie. "Bestimmt war dies ein 'Deal', damit Frankreich bei der Ankündigung der Waffenruhe im Libanon genannt wurde", erklärte Tondelier.
Am Vortag hatten die G7-Staaten erklärt, sie wollten sich mit Blick auf den IStGH-Haftbefehl an ihre "jeweiligen Verpflichtungen" halten. "Wir bekräftigen unser Bekenntnis zum humanitären Völkerrecht und werden unseren jeweiligen Verpflichtungen nachkommen", betonten die Außenminister der G7-Staaten in einer gemeinsamen Erklärung.
Der IStGH hatte vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen in der vergangenen Woche Haftbefehle gegen Netanjahu sowie gegen Israels ehemaligen Verteidigungsminister Joav Gallant und Hamas-Militärchef Mohammed Deif erlassen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen.
Die 124 IStGH-Mitgliedstaaten - zu denen etwa Deutschland und Frankreich, nicht aber Israel und die USA zählen - müssten demnach Netanjahu festnehmen, sobald er ihr Territorium betritt. Die Bundesregierung ließ durchblicken, dass dies für sie nicht wirklich in Frage käme.
P. O'Kelly--BTZ