Litauen-Wahl: Chefin der Sozialdemokraten will nicht Regierungschefin werden
In Litauen hat die Vorsitzende der bei der Parlamentswahl siegreichen Sozialdemokraten, Vilija Blinkeviciute, ihre Bewerbung um das Amt der Regierungschefin zurückgezogen. Als Grund für den überraschenden Entschluss nannte die 64-Jährige am Mittwoch ihr Alter und ihren Gesundheitszustand. An ihrer Stelle nominierten die Sozialdemokraten den 45-jährigen früheren Parteichef Gintautas Paluckas für das Amt des Ministerpräsidenten.
Die oppositionellen Sozialdemokraten hatten in den beiden Runden der Parlamentswahl insgesamt 52 von 141 Sitzen errungen. Die bislang regierende konservative Heimatpartei von Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte landete laut den am Sonntag veröffentlichen, vorläufigen Ergebnissen weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz mit 28 Sitzen.
Die Sozialdemokraten streben eine Regierungskoalition mit zwei weiteren linksgerichteten Oppositionsparteien an - die nun von Paluckas und nicht Blinkeviciute angeführt werden soll. In ihrem Alter sei es für sie "zu schwierig", das Amt der Ministerpräsidentin auszuüben, sagte Blinkeviciute. Während des Wahlkampfs habe sie gemerkt, mit wievielen Verantwortlichkeiten der Posten verbunden sei und "wieviel Gesundheit und Energie er erfordern würde", begründete sie ihren Rückzug.
Der nun als künftiger Ministerpräsident designierte Paluckas gilt als Vertreter des jungen und progressivsten Flügels der Sozialdemokraten. Er war früher Parteichef, bevor er den Posten nach einem schwachen Wahlergebnis seiner Partei 2020 an Blinkeviciute abtrat.
Der bevorstehende Regierungswechsel wird für den Staat im Baltikum vor allem innenpolitische Veränderungen mit sich bringen. Außenpolitisch besteht in der litauischen Politik breiter Konsens darüber, dass die Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen Russland weiterhin entschlossen unterstützt werden und der Verteidigungshaushalt des Landes in seinem Volumen beibehalten oder sogar erhöht werden muss.
Litauen grenzt im Westen an Russlands Ostsee-Exklave Kaliningrad und im Osten an Belarus. Im Wahlkampf spielte daher neben den hohen Lebenshaltungskosten vor allem das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle. Das baltische Land mit seinen 2,8 Millionen Einwohnern fürchtet, ein weiteres Ziel Russlands zu werden, sollte Moskau mit seinem Krieg in der Ukraine Erfolg haben.
A. Bogdanow--BTZ