Israelisches Parlament billigt UNRWA-Verbot - internationale Kritik an Gesetzgebung
Das israelische Parlament hat ein Verbot des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gebilligt und damit internationale Kritik hervorgerufen. Die Knesset-Abgeordneten stimmten am Montag in zweiter Lesung mit der überwältigenden Mehrheit von 92 Ja-Stimmen für den Gesetzentwurf, zehn Abgeordnete sprachen sich dagegen aus. Das Gesetz sieht vor, "die Aktivitäten des UNRWA auf israelischem Territorium" zu verbieten, einschließlich im 1967 von Israel besetzten Ost-Jerusalem. Das UNRWA verurteilte den Schritt als "empörend". Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), kritisierte das Verbot scharf.
Der Gesetzestext war bereits im Juli in erster Lesung verabschiedet worden. Am Montag wurde er den Knesset-Abgeordneten vor einer endgültigen Abstimmung zur Beratung vorgelegt. Er ist eine Kombination aus zwei verschiedenen Gesetzentwürfen, die sowohl von der Regierung als auch von der Opposition in die Knesset eingebracht wurden. Nach Angaben der Knesset treten sie 90 Tage nach ihrer Verabschiedung in Kraft.
Das UNRWA leistet seit 1949 wichtige Hilfe für palästinensische Flüchtlinge. Das Gesetz hindert das Hilfswerk nun effektiv daran, in Israel tätig zu sein. Zudem betrifft es dessen Tätigkeit in Ost-Jerusalem, wo das UNRWA derzeit in bestimmten Stadtvierteln Dienstleistungen wie Reinigung, Bildung und Gesundheitsversorgung erbringt.
Der Likud-Abgeordnete Juli Edelstein sagte vor der Abstimmung, es gebe "eine tiefe Verbindung zwischen der Terrororganisation Hamas und dem UNRWA". "Israel kann das nicht hinnehmen", sagte Edelstein, ein Befürworter des Gesetzestextes, bei dessen Vorlage im Parlament.
Israel steht dem für die Versorgung der Menschen im Gazastreifen wichtigen Hilfswerk seit Langem kritisch gegenüber. Seit dem Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel und dem dadurch ausgelösten Krieg im Gazastreifen im Oktober 2023 sind die Beziehungen zwischen Israel und dem UNRWA auf einem neuen Tiefpunkt. Israel wirft mehreren UNRWA-Mitarbeitern eine Beteiligung an dem beispiellosen Überfall auf den Süden des Landes vor.
Das UNRWA verurteilte das Verbot mit scharfen Worten. Israel schaffe damit einen "gefährlichen Präzedenzfall", erklärte der Leiter des Hilfswerks, Philippe Lazzarini. Das UNRWA-Verbot werde "das Leiden der Palästinenser verstärken". Ihm zufolge ist das Gesetz Teil einer "Kampagne", um das UNRWA zu "diskreditieren".
"Wenn die Gesetze in dieser Form von der israelischen Regierung umgesetzt würden, würde das die Arbeit von UNRWA in Gaza, im Westjordanland und in Ost-Jerusalem faktisch unmöglich machen", erklärte die deutsche Menschenrechtsbeauftragte Amtsberg. Das israelische Vorgehen gegen UNRWA sei "ein gefährliches Signal der Missachtung der Vereinten Nationen und der internationalen Zusammenarbeit".
UN-Generalsekretär António Guterres warnte, dass das Gesetz bei Umsetzung "verheerende Folgen" haben und das "UNRWA wahrscheinlich daran hindern würde, seine wichtige Arbeit fortzusetzen".
Kritik kam auch aus London. "Dieses Gesetz gefährdet die gesamte internationale humanitäre Hilfe im Gazastreifen sowie die Bereitstellung wichtiger Gesundheits- und Bildungsdienste im Westjordanland", erklärte der britische Premierminister Keir Starmer. Irland, Norwegen, Slowenien und Spanien verurteilten das Knesset-Votum in einer gemeinsamen Erklärung.
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte in den Onlinenetzwerken, dass Israel "bereit" sei, die Hilfe für den Gazastreifen fortzusetzen - "auf eine Weise, die Israels Sicherheit nicht bedroht".
Die radikalislamische Hamas verurteilte eine "zionistische Aggression". Die palästinensische Präsidentschaft erklärte, der Schritt bestätige "Israels Transformation in einen faschistischen Staat".
Der UN-Sicherheitsrat, einschließlich der USA, hatte Israel am 10. Oktober vor der Verabschiedung des Gesetzes gewarnt.
Das UN-Palästinenserhilfswerk war erstmals zu Beginn des Jahres massiv in die Kritik geraten, nachdem Israel ihm vorgeworfen hatte, zwölf seiner Mitarbeiter seien direkt an dem beispiellosen Angriff der radikalislamischen Hamas vom 7. Oktober beteiligt gewesen. In der Folge kamen sieben weitere Verdächtige hinzu. Das für die Versorgung der Menschen im Gazastreifen wichtige Hilfswerk geriet daraufhin massiv in die Kritik. Deutschland und zahlreiche weitere Länder setzten ihre finanzielle Unterstützung vorübergehend aus.
Im August verkündete das UN-Hilfswerk dann die Entlassung von neun Mitarbeitern wegen einer möglichen Beteiligung am Hamas-Überfall.
Am 7. Oktober 2023 hatten Kämpfer der Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen mehrere Orte und ein Musikfestival im Süden Israels angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden insgesamt 1206 Menschen getötet, darunter auch mehrere der 251 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln. Von den Geiseln werden derzeit noch 97 im Gazastreifen festgehalten, 34 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee tot.
Israel geht seit dem Hamas-Angriff massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, mehr als 42.900 Menschen getötet.
N. Nilsson--BTZ