Georgiens Präsidentin prangert System von Wahlbetrug an - Proteste erwartet
Nach der umstrittenen Parlamentswahl in Georgien hat die pro-europäische Präsidentin Salome Surabischwili einen systematischen Wahlbetrug nach russischem Vorbild angeprangert. Es habe bei der Wahl am Wochenende ein "ziemlich ausgeklügeltes" System des Wahlbetrugs nach "russischer Methodik" gegeben, sagte Surabischwili am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Die pro-europäische Opposition rief für den Abend zu Massenprotesten auf.
Russland sei "bedrohlich" und es sei schwierig, mit dem Land umzugehen, sagte Surabischwili weiter. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), sagte die georgische Staatschefin, sie gehe von baldigen Neuwahlen in ihrem Land aus. Dafür sei allerdings die Unterstützung der europäischen Partner nötig, "damit Georgien das bekommt, was es verdient: freie und faire Wahlen", betonte sie.
Die Wahlkommission in Georgien hatte am Sonntag nach Auszählung fast aller Stimmen die Regierungspartei Georgischer Traum mit 54 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt. Das pro-westliche Oppositionsbündnis kam demnach auf 37,58 Prozent. Das Bündnis bezeichnet die offiziellen Ergebnisse als gefälscht und beansprucht den Wahlsieg für sich. Präsidentin Surabischwili schloss sich dem Aufruf zu Massenprotesten an.
Auch die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats, des Europaparlaments und der Nato äußerten Zweifel am offiziellen Ergebnis. Das Auswärtige Amt sprach von "Unregelmäßigkeiten".
Frankreich forderte die georgischen Behörden auf, die "vor und während der Abstimmung festgestellten Unregelmäßigkeiten" zu untersuchen. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Es gebe keinen Grund, warum der russische Präsident Wladimir Putin "über die Zukunft der jungen Ukrainer, Moldawier oder Georgier mitbestimmen sollte", sagte sie am Montag vor Studierenden des Europakollegs im belgischen Brügge.
Russland dementierte am Montag jegliche Einmischung in die Parlamentswahl in dem Kaukasusland. Mit Blick auf die Vorwürfe von Präsidentin Surabischwili sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, die Regierung weise "diese Anschuldigungen entschieden zurück". Die Vorwürfe seien "völlig unbegründet". Peskow warf vielmehr der EU eine Einflussnahme vor. Eine "große Anzahl von Kräften aus europäischen Ländern und verschiedenen europäischen Institutionen" hätten versucht, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen, sagte er.
Angesichts der Vorwürfe der pro-europäischen Opposition bekräftigte die zum Wahlsieger erklärte Regierungspartei am Montag den Einsatz für einen EU-Beitritt Georgiens. Dies sei die "wichtigste außenpolitische Priorität", sagte Regierungschef Irakli Kobachidse. Es werde alles dafür getan, "damit Georgien bis 2030 voll in die EU integriert ist".
Kobachidse sagte weiter, er erwarte "einen Neustart der Beziehungen" mit Brüssel, nachdem es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Spannungen gekommen war. Der seit 2012 regierende Georgische Traum hatte zunächst einen liberalen und pro-westlichen Kurs verfolgt, wandte sich in den vergangenen zwei Jahren jedoch verstärkt Moskau zu.
Unterdessen wurde Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu einem Besuch in Georgien erwartet - was für die EU eine weitere Provokation darstellt. Orban reise nach Tiflis, "um seine Unterstützung für die Regierung Georgiens auszudrücken", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell dem spanischen Radiosender RNE. "Was auch immer Herr Orban während seines Besuchs sagt, er vertritt nicht die Europäische Union", betonte er. Ungarn hat derzeit die rotierende EU-Ratspräsidentschaft inne.
Der rechtsnationalistische ungarische Ministerpräsident hatte Georgiens Regierungspartei bereits kurz nach Schließung der Wahllokale am Samstag zu einem "überwältigenden Sieg" gratuliert. Orban pflegt enge Beziehungen zum russischen Staatschef Putin und kritisiert regelmäßig die westliche Unterstützung für die Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen die russischen Invasionstruppen.
Kurz nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft war Orban im Juli mit Kremlchef Putin zusammengetroffen, um über eine Ende des Krieges in der Ukraine zu diskutieren. Auch dieser Besuch hatte in Brüssel für einen Eklat gesorgt.
A. Williams--BTZ