Deutscher Wahlbeobachter: Ergebnis in Georgien ist "schwer erklärbar"
Der deutsche OSZE-Wahlbeobachter Manfred Grund hat sich verwundert über den offiziell verkündeten Wahlsieg der Regierungspartei in Georgien gezeigt. "Das Ergebnis ist insgesamt schwer erklärbar", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete, der sich derzeit in Georgien aufhält, am Sonntag in einem Telefoninterview mit der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.
Grund verwies darauf, dass die Regierungspartei Georgischer Traum bereits seit zwölf Jahren die Macht innehat und es deshalb "Abnutzungseffekte" gebe. Zudem habe es eine starke zivilgesellschaftliche Mobilisierung gegen die Regierungspartei gegeben. Angesichts dessen sei deren von der Wahlkommission verkündeter Sieg "etwas nebulös", sagte Grund.
Der CDU-Politiker berichtete von einseitiger Ausübung von Druck auf die Wählerschaft. "Es hat eine starke Einflussnahme der Regierungspartei gegeben", sagte er. "Es wurde administrativer Druck ausgeübt, damit die Leute für die Regierungspartei stimmen. Es wurden dabei auch administrative Ressourcen eingesetzt."
Grund besuchte nach eigenen Angaben am Wahltag 15 Wahllokale in einer ländlichen Region im Landesteil Kachetien östlich der Hauptstadt Tiflis. In elf dieser Wahllokale sei die Stimmabgabe maschinell erfolgt. Manipulationen habe er selbst vor Ort nicht feststellen können - allerdings hätten Gesprächspartner von Druck auf die Wähler berichtet: Sie seien unter Druck gesetzt worden, für die Regierungspartei zu stimmen.
"Dieser administrative Druck mag dazu geführt haben, dass wir ein Ergebnis haben, das sich Beobachter vor der Wahl so nicht vorgestellt haben", sagte Grund. Er forderte die Opposition auf, Beweise für den von ihr erhobenen Vorwurf des Wahlbetrugs zu sammeln.
Georgien ist seit vergangenem Jahr EU-Beitrittskandidat. Die Annäherung des Kaukasuslandes an die EU könnte durch eine weitere Amtszeit der Partei Georgischer Traum behindert werden, sagte Wahlbeobachter Grund.
"Vor der Wahl gab es Drohungen von Regierungsseite, Oppositionsparteien zu verbieten und deren Anführer anzuklagen", sagte der CDU-Abgeordnete. "Wir müssen jetzt abwarten, ob das nur Rhetorik war, die nach der Wahl zurückgenommen wird. Wenn es aber bei der aggressiven Rhetorik gegen die Opposition, den Westen und die EU bleibt, dann ist der Beitrittsprozess eingefroren."
Der Vorsitzende der Wahlkommission, Giorgi Kalandarischwili, hatte am Sonntag verkündet, die Regierungspartei Georgischer Traum habe 54,08 Prozent der Stimmen erhalten, während das Oppositionsbündnis aus vier pro-westlichen Allianzen auf 37,58 Prozent gekommen sei. Die seit 2012 regierende Partei Georgischer Traum verfolgte zunächst einen liberalen, pro-westlichen Kurs, wandte sich in den vergangenen zwei Jahren jedoch verstärkt Moskau zu.
L. Pchartschoy--BTZ