Israel greift Hisbollah-Waffenlager an - Eine Milliarde Dollar für Libanon und seine Armee
Das israelische Militär und die libanesische Hisbollah-Miliz haben sich am Donnerstag erneut schwere Kämpfe geliefert. Bei einer der heftigsten Angriffswellen seit Beginn der Kämpfe griff die israelische Armee eigenen Angaben zufolge mehrere Waffenfabriken der Miliz in Süden Beiruts an. Die Hisbollah erklärte, sie sei im Grenzgebiet "aus nächster Nähe" in "schwere Kämpfe" mit israelischen Truppen verwickelt. Unterdessen sagten die Teilnehmer einer internationalen Libanon-Hilfskonferenz in Paris insgesamt 800 Millionen Euro an humanitären Hilfsgeldern zu.
Die Nationale Nachrichtenagentur (NNA) des Libanon bezeichnete die nächtlichen israelischen Luftangriffe auf den Süden Beiruts als die "gewalttätigsten" Angriffe in der Gegend "seit Kriegsbeginn". Libanesische Staatsmedien berichteten von sechs Gebäuden, die bei mindestens 17 israelischen Angriffen auf die südlichen Vororte Beiruts in der Nacht dem Erdboden gleichgemacht worden seien.
Das israelische Militär erklärte, in der Nacht zum Donnerstag habe die Luftwaffe "mehrere Waffenlager und Produktionsstätten der Terrororganisation Hisbollah" im Gebiet des südlichen Beiruter Vororts Dahije angegriffen. Demnach hatte die Hisbollah die Anlagen "unter und in zivilen Gebäuden mitten in bewohnten Gegenden angesiedelt".
Video-Aufnahmen der Nachrichtenagentur AFP zeigten eine massive Explosion im Vorort Leylaki, gefolgt von kleineren Explosionen. Zuvor hatte die israelische Armee eine Evakuierungswarnung für die Gegend veröffentlicht, in der die Hisbollah über großen Einfluss verfügt.
Die NNA berichtete zudem über eine "neue Welle israelischer Angriffe auf Dörfer" in den südlibanesischen Distrikten Tyros und Bint Dschbeil. Zudem seien bei einem "feindlichen" Drohnenangriff auf ein Auto, das auf der Schnellstraße zwischen der östlichen Bekaa-Region und Beirut unterwegs war, zwei Menschen getötet worden.
NNA zufolge gab es außerdem heftige Kämpfe in den an der Grenze zu Israel gelegenen Dörfern Ramia und Aita al-Tschaab. "Feindliche Hubschrauber landeten fünf Mal vor Ort", um Soldaten zu evakuieren, hieß es weiter. Die Hisbollah erklärte, sie bekämpfe in Aita al-Tschaab die israelischen Truppen "aus nächster Nähe" und "mit automatischen Waffen und Raketen". NNA zufolge hatte die israelische Armee im Laufe der Woche mehrere Häuser in die Luft gesprengt.
Die Hisbollah erklärte zudem, sie habe die nordisraelische Stadt Safed sowie einen Militärstützpunkt nördlich der Küstenstadt Haifa angegriffen.
Bei der internationalen Hilfskonferenz für den Libanon in Paris wurden unterdessen 800 Millionen Dollar (740 Millionen Euro) für humanitäre Hilfsleistungen gesammelt, wie der französische Außenminister Jean-Noël Barrot bekannt gab. Die Teilnehmerländer sagten demnach weitere 200 Millionen Dollar Unterstützung für die libanesische Armee zu.
Ebenfalls von Paris aus forderte der libanesische Regierungschef Nadschib Mikati die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich für eine "sofortige Waffenruhe" im Libanon einzusetzen. Anschließend müsse die UN-Resolution 1701 umgesetzt werden, die unter anderem vorsieht, dass im Grenzgebiet zu Israel lediglich Truppen der UN-Mission Unifil und der libanesischen Armee eingesetzt werden. Die Hisbollah war ungeachtet der Resolution vor Ort geblieben.
Mikati forderte zudem, dass der gesamte Libanon von staatlichen Kräften kontrolliert werden müssen. "Waffen dürfen nur vom Staat und der libanesischen Armee getragen werden", sagte er weiter, ohne direkt Bezug auf die Hisbollah-Miliz zu nehmen.
Die mit dem Iran und der islamistischen Hamas verbündete Hisbollah hatte unmittelbar nach dem Beginn des Gaza-Kriegs mit permanenten Raketenangriffen auf den Norden Israels eine zweite Front eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel Ziele im Nachbarland. Ausgelöst worden war der Gaza-Krieg durch den beispiellosen Überfall der Hamas auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023.
Seit einigen Wochen hat die israelische Armee ihre Luftangriffe auf Hisbollah-Ziele im Libanon deutlich verstärkt und zudem vor rund drei Wochen auch Bodeneinsätze gegen Hisbollah-Stellungen im Südlibanon begonnen.
Gleichzeitig dauern die Angriffe im Gazastreifen an. Bei einem israelischen Angriff auf eine als Notunterkunft dienende Schule in der Flüchtlingssiedlung Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens wurden mindestens 17 Menschen getötet, wie die von der Hamas kontrollierte palästinensische Zivilschutzbehörde mitteilte.
Seit dem Beginn einer neuen israelischen Offensive im Norden des Palästinensergebietes am 6. Oktober wurden demnach 770 Menschen getötet. Erklärtes Ziel der israelischen Armee ist es, mit der Offensive die operativen Kapazitäten der Hamas zu zerstören, die diese im Norden wieder aufzubauen versuche.
Angesichts der andauernden Kämpfe sollen auch die Bemühungen um die Vermittlung einer Waffenruhe und die Rückgabe der israelischen Geiseln wieder verstärkt werden. US-Außenminister Antony Blinken, der als Repräsentant einer der Vermittlerstaaten am Donnerstag in Katar war, sagte, er erwarte, dass sich die Unterhändler in den kommenden Tagen wieder treffen.
A. Madsen--BTZ