Blinken dringt bei Israel-Besuch auf baldige Waffenruhe im Gazastreifen
Bei einem Besuch in Israel hat US-Außenminister Antony Blinken auf eine baldige Waffenruhe im Gazastreifen gedrungen. Die Tötung von Hamas-Chef Sinwar biete eine günstige Gelegenheit für ein Abkommen, sagte Blinken nach Angaben eines Sprechers bei einem Treffen mit Regierungschef Benjamin Netanjahu. Dessen Büro erklärte, dabei sei es auch um die Art einer Regierung nach Ende des Gaza-Kriegs gegangen. Unterdessen ging der Beschuss zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon weiter.
Blinken habe in dem Gespräch mit Netanjahu in Jerusalem die Notwendigkeit unterstrichen, die Tötung Sinwars zu nutzen, um eine "Freilassung aller Geiseln zu erreichen und den Konflikt im Gazastreifen auf eine Weise zu beenden, die Israelis und Palästinensern gleichermaßen dauerhafte Sicherheit biete", sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller.
Zudem forderte der US-Außenminister demnach Israel auf, die Lieferung humanitärer Hilfe in den Gazastreifen aufrechtzuerhalten und zu verstärken.
Hamas-Chef Sinwar war vergangene Woche bei einem israelischen Armeeeinsatz im Süden des Gazastreifens getötet worden. Er galt als Drahtzieher des von der radikalislamischen Palästinenserorganisation verübten Überfalls auf Israel vom 7. Oktober 2023, bei dem nach israelischen Angaben 1206 Menschen getötet worden waren. 251 Geiseln wurden damals in den Gazastreifen verschleppt, wo sich 97 von ihnen nach wie vor befinden sollen.
Im Gespräch mit Blinken habe auch Netanjahu geäußert, dass Sinwars Tod "eine positive Auswirkung auf die Rückkehr der Geiseln" haben könnte, teilte das Büro des israelischen Regierungschefs mit. Weiter sei "die iranische Bedrohung" zur Sprache gekommen und "die Notwendigkeit, dass beide Länder ihre Kräfte gegen sie vereinen". Der US-Außenminister habe zudem eine "diplomatische Lösung" im Libanon gefordert.
Bei ihrem Treffen hätten beide Seiten auch "die Art der Regierung im Gazastreifen nach dem Ende des Krieges" erörtert, hieß es weiter.
Blinken war zum Auftakt einer Nahost-Reise am Dienstag in Israel eingetroffen. Es ist sein elfter Besuch in der Region seit Beginn des Gaza-Krieges, der durch Hamas-Überfall auf Israel ausgelöst worden war. Am Mittwoch will Blinken weiter nach Jordanien reisen.
Um ein Abkommen für eine Waffenruhe im Gazastreifen ging es am Dienstag auch bei einem Treffen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, im brandenburgischen Meseberg.
Scholz habe dem Emir für die Vermittlungsbemühungen Katars um ein Abkommen zur Geiselfreilassung und einen Waffenstillstand im Gazastreifen gedankt, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Zudem habe der Kanzler seine Hoffnung ausgedrückt, "dass der Tod des Hamas-Anführers Sinwar die Chancen für eine entsprechende Vereinbarung eröffnet".
Unterdessen setzte Israel seine Luftangriffe auf Ziele im Libanon fort, auch die Hisbollah-Miliz meldete Angriffe in Israel.
In der Nähe eines Krankenhauses in einem dichtbesiedelten Viertel von Beirut wurden bei einem israelischen Angriff laut dem libanesischen Gesundheitsministerium 18 Menschen getötet, darunter vier Kinder. Weitere 60 Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk äußerte sich entsetzt über den Angriff und forderte eine "schnelle und gründliche Untersuchung".
Die Hisbollah-Miliz griff ihrerseits eigenen Angaben zufolge einen israelischen Militärstützpunkt südlich der Küstenstadt Haifa mit Drohnen an. Sie gab zudem bekannt, an der israelisch-libanesischen Grenze sieben israelische Panzer zerstört zu haben.
Die Hisbollah reklamierte auch den Drohnenangriff vom Samstag auf das Wohnhaus Netanjahus in der Stadt Caesarea für sich. Die Miliz erklärte ihre "volle, vollständige und ausschließliche Verantwortung" für diesen Angriffe. Netanjahu hatte die mit dem Iran verbündete Hisbollah bereits zuvor für den Angriff verantwortlich gemacht und von eine, Attentatsversuch gesprochen.
Unmittelbar nach dem Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als einem Jahr hatte die Hisbollah im Libanon mit permanenten Raketenangriffen auf den Norden Israels eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel Ziele im Nachbarland. Seit einigen Wochen hat die israelische Armee ihre Luftangriffe im deutlich verstärkt und zudem vor rund drei Wochen auch Bodeneinsätze gegen Hisbollah-Stellungen im Südlibanon begonnen.
Laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP auf der Grundlage von Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden seit dem 23. September mindestens 1552 Menschen bei den Angriffen im Libanon getötet.
Zuletzt hatte Israel seine Angriffe auf die Finanzstruktur der vom Iran unterstützten Hisbollah ausgeweitet und nach eigenen Angaben binnen 24 Stunden rund 300 Ziele der Miliz angegriffen.
D. O'Sullivan--BTZ