Tunesien: Krisentreffen bei Präsident Béji Caïd Essebsi zu Protesten
Tunesiens Präsident Béji Caïd Essebsi hat am Samstag mit Vertretern von Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgebern über die jüngsten Proteste in dem nordafrikanischen Land beraten. Nach dem zweistündigen Treffen im Präsidentenpalast in Tunis wurden keine Entscheidungen mitgeteilt. "Wir haben über die generelle Lage im Land gesprochen und über Reformen, besonders im sozioökonomischen Bereich, die verabschiedet werden müssen, um die gegenwärtigen Probleme zu überwinden", sagte der Chef des Arbeitgeberverbands Utica, Wided Bouchamaoui.
Am Freitag hatte die Präsidentschaft erklärt, Essebsi habe mit Ministerpräsident Youssef Chahed über Maßnahmen gesprochen, mit denen in den kommenden Tagen die Kaufkraft armer Familien verbessert und die Preise "stärker kontrolliert" werden sollten.
Im Zuge der Proteste gegen Preiserhöhungen und Sparmaßnahmen der Regierung, die am 7. Januar begonnen hatten, wurden nach Angaben des Innenministeriums vom Samstag insgesamt 803 Menschen festgenommen. 97 Sicherheitskräfte seien bei gewalttätigen Zusammenstößen mit Demonstranten verletzt worden, hieß es weiter. Zahlen zu verletzten Demonstranten gab es nicht. Mindestens ein Demonstrant starb bei den Protesten.
In den vergangenen Tagen waren die Proteste abgeflaut. Die mächtige Gewerkschaft UGTT und die linke Oppositionspartei Volksfront riefen für Sonntag aber zu weiteren Kundgebungen auf. An diesem Tag jährt sich der Sturz des langjährigen Staatschefs Zine El Abidine Ben Ali im Zuge des Arabischen Frühlings zum siebten Mal. Das sogenannte Dialog-Quartett aus UGTT, Utica, der Menschenrechtsliga LTDH und der Anwaltskammer hatte 2015 den Friedensnobelpreis für seine Bemühungen um die Demokratisierung Tunesiens erhalten.
Tunesien hatte im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 seine Demokratisierung eingeleitet. Das Land leidet aber weiter unter wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Die Inflation stieg bis Ende vergangenen Jahres auf sechs Prozent, und auch die Arbeitslosenrate nahm weiter zu, insbesondere unter der Jugend.
(A. Lefebvre--BTZ)