Selenskyj-Besuch in Deutschland: Scholz sichert Ukraine weitere Militärhilfen zu
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei dessen viertem Deutschland-Besuch in diesem Jahr weitere Militärhilfen zugesichert. "Deutschland ist der stärkste militärische Unterstützer der Ukraine in Europa, der zweitstärkste in der Welt - und dabei wird es bleiben", sagte Scholz am Freitag bei einem Treffen mit Selenskyj im Kanzleramt. Der ukrainische Präsident rief indes dazu auf, bei der Hilfe nicht nachzulassen. Sein Land hoffe allerdings auf ein Ende des Kriegs im kommenden Jahr.
Zentral bei der deutschen Unterstützung der Ukraine bleibe die Luftverteidigung, sagte Scholz. Erst kürzlich sei ein umfangreiches militärisches Unterstützungspaket im Umfang von 600 Millionen Euro an die Ukraine ausgeliefert worden.
Bis zum Jahresende werde zudem mit Unterstützung der Partner Belgien, Dänemark und Norwegen ein Paket im Wert von rund 1,4 Milliarden Euro geliefert, sagte Scholz. Darin enthalten seien unter anderem weitere Luftverteidigungssysteme vom Typ Iris-T und Skynex sowie Panzer, Kampfdrohnen und Artilleriemunition.
Angesichts des bevorstehenden dritten Kriegswinters sicherte der Bundeskanzler dem ukrainischen Präsidenten zudem kurzfristig weitere 170 Millionen Euro zur Reparatur der schlimmsten Schäden an der ukrainischen Energieinfrastruktur und zur Wiederherstellung der Wärmeversorgung zu.
Vor dem Treffen in Berlin hatten Außen- und Verteidigungsexperten verschiedener Parteien gefordert, deutsche Waffensysteme mit größerer Reichweite an die Ukraine zu liefern. "Reichweitenbeschränkungen gelieferter Waffen tragen nicht zur Deeskalation bei, sondern ermöglichen weitere russische Angriffe", sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter der "Rheinischen Post".
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte, die Ukraine sei "im Begriff zu ertrinken, und nach wie vor werfen wir ihr nur Rettungsringe zu, um sie vor dem Ertrinken zu retten". Der CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul bekräftigte seine Forderung, der Ukraine deutsche Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen.
Unionsaußenpolitiker Thomas Silberhorn mahnte zudem eine stärkere europäische Unterstützung für die Ukraine an. "Wir müssen in Europa darauf vorbereitet sein, mehr für die Selbstverteidigung der Ukraine zu tun", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete der Funke Mediengruppe. Wenn die Ukraine den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht mehr aufhalten könne, müsse mit neuen Kriegen in Europa gerechnet werden.
Die Unterstützung Deutschlands und der europäischen Partner sende eine klare Botschaft an den Kreml-Chef, betonte Scholz: "Ein Krieg auf Zeit wird nicht funktionieren." Deutschland werde sich weiter für einen "gerechten und dauerhaften Frieden" in der Ukraine auf der Basis des Völkerrechts einsetzen. Einen "Diktatfrieden" Russlands werde allerdings nicht akzeptiert.
Selenskyj war am Freitagnachmittag zu einem Besuch in Deutschland eingetroffen. Nach seinem Gespräch mit Scholz wurde er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue empfangen.
Ursprünglich wollte der ukrainische Präsident am Samstag an einem Gipfeltreffen zur Lage in der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz teilnehmen. Dieses wurde allerdings verschoben, nachdem US-Präsident Joe Biden seinen geplanten Staatsbesuch in Deutschland wegen des Hurrikans "Milton" verschoben hatte.
Für die Ukraine sei es wichtig, dass die Unterstützung auch im kommenden Jahr und auf dem gleichen Niveau fortbestehe, sagte Selenskyj in Berlin. Gleichzeitig wolle die Ukraine wie kein anderes Land, dass der Krieg zu Ende gehe - und das möglichst im kommenden Jahr. "Wir verlangen einen gerechten und baldigen Frieden und einen Sieg für uns", betonte Selenskyj. "Und dafür arbeiten wir täglich."
Bereits am Donnerstag war Selenskyj in London mit dem britischen Regierungschef Keir Starmer und Nato-Generalsekretär Mark Rutte zusammengetroffen. Später traf er in Paris miz Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron zusammen, bevor er nach Rom zu Gesprächen mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni weiterreiste. Diese kündigte nach dem Treffen mit Selenskyj eine Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine im Juli 2025 in Italien an.
Vor seiner Weiterreise nach Deutschland war Selenskyj am Freitagmorgen von Papst Franziskus im Vatikan empfangen worden.
Wie bei seinem Besuch in Berlin hatte Selenskyj auch bei den anderen Stationen seiner Europa-Reise für weitere Unterstützung für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen geworben. Die Ukraine hat angesichts der überlegenen russischen Luftwaffe wiederholt mehr Kampfjets und eine bessere Luftabwehr gefordert.
U. Schmidt--BTZ