Israels Präsident: Wunden des 7. Oktober können "nicht vollständig heilen"
Israel leidet nach den Worten seines Staatschefs Isaac Herzog ein Jahr nach dem Großangriff durch die Hamas weiterhin stark an den Folgen des beispiellosen Überfalls. "Unser Wunden können nicht vollständig heilen (...), weil Geiseln weiterhin gefoltert und hingerichtet werden und in der Gefangenschaft sterben", sagte Herzog am Samstag in einer Ansprache im israelischen Fernsehen. "In vielerlei Hinsicht durchleben wir weiterhin die Nachwirkungen des 7. Oktober", betonte er.
Herzog wird am Montag, dem Jahrestag des Überfalls, einen Gedenkgottesdienst in Sderot im Süden Israels leiten. Weitere Gedenkveranstaltungen sind unter anderem in den Kibbuzim Beeri und Reim geplant. Die israelische Armee rief am Samstag für ihre Truppen wegen des Jahrestags den Alarmzustand aus. Armeesprecher Daniel Hagari begründete dies damit, dass islamistische Kämpfer planten, Israel an dem Jahrestag "an der Heimatfront" anzugreifen.
Bei dem Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres waren nach israelischen Angaben rund 1205 Menschen getötet worden. Zudem verschleppte die Hamas 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. 97 der Geiseln werden weiterhin festgehalten, von denen allerdings 33 von Israel offiziell für tot erklärt wurden.
Israel geht seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bisher mehr als 41.800 Menschen getötet.
Herzog hob in seiner Ansprache am Samstag hervor, dass Israel einer "fortdauernden Bedrohung" durch den Iran und die mit ihm verbündeten Gruppierungen ausgesetzt sei. Der Iran und seine "Terror-Gefährten" seien von "blindem Hass" angetrieben und strebten die Vernichtung Israels an, sagte er.
Der Iran unterstützt die Hamas wie auch die Hisbollah-Miliz im Libanon, die unmittelbar nach dem Hamas-Angriff mit regelmäßigen Raketenangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet hatte. In den vergangenen Tagen nahm der Hisbollah-Beschuss auf Israel weiter zu, insbesondere nach der Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bei einem israelischen Luftangriff in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut in der vergangenen Woche.
Zudem griff der Iran selbst am Dienstagabend Israel mit rund 200 Raketen Israel an; es war der zweite direkte iranische Angriff auf Israel binnen sechs Monaten. Ein Großteil der Raketen konnte nach israelischen Angaben abgefangen werden. Teheran zufolge war der Angriff eine Reaktion unter anderem auf die Tötung Nasrallahs. Israel drohte dem Iran nach dem Raketenangriff mit Vergeltung.
Wie ein israelischer Militärvertreter, der anonym bleiben wollte, am Samstag mitteilte, bereitet die israelische Armee derzeit ihre Reaktion auf den iranischen Raketenangriff vor. Angaben zur Art und zum Zeitpunkt des geplanten Vergeltungsangriffs machte er nicht.
Der israelische Armeechef Herzi Halevi kündigte zudem am Samstagabend an, dass die Armee ihre Angriffe gegen die Hisbollah im Libanon "ohne Ruhepause" fortsetzen werde. "Wir müssen weiterhin Druck auf die Hisbollah ausüben (...), ohne Zugeständnisse und ohne Ruhepause", erklärte er.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte in einer Fernsehansprache, durch die jüngsten israelischen Angriffe sei ein "großer Teil" des Raketenarsenals zerstört worden, das sich die Hisbollah über die Jahre zugelegt habe. "Wir haben den Kurs des Krieges verändert", betonte er.
K. Petersen--BTZ