EuGH: Zugriff von Polizei auf Handy nicht auf schwere Kriminalität beschränkt
Der Zugriff der Polizei auf persönliche Daten auf dem Handy während der Ermittlungen ist einem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge nicht zwingend auf die Bekämpfung schwerer Kriminalität beschränkt. Die EU-Staaten müssten für solche Fälle Kriterien wie die Art der Straftaten definieren, entschied der EuGH am Freitag in Luxemburg. Außerdem müsse der Zugriff vorab von einem Gericht oder einer unabhängigen Behörde genehmigt werden. (Az. C-548/21)
Es ging um einen Fall aus Österreich. Dort beschlagnahmte die Polizei das Mobiltelefon eines Paketempfängers. In dem Paket befanden sich 85 Gramm Cannabis. Die Polizei versuchte vergeblich, das Handy zu entsperren, um an die darauf gespeicherten Daten zu kommen. Dieses Vorgehen ließ sie nicht durch die Staatsanwaltschaft oder ein Gericht genehmigen.
Sie informierte den Betroffenen auch nicht. Dieser erfuhr erst davon, als er bei den österreichischen Gerichten eine Beschwerde gegen die Beschlagnahme seines Handys erhob. Das österreichische Gericht fragte den EuGH, ob die nationale Regelung, auf die sich die Polizei berief, mit dem EU-Recht vereinbar sei. Bei der dem Mann zur Last gelegten Straftat handle es sich nur um ein minderschweres Vergehen.
Der EuGH betonte, dass der Zugriff auf alle auf einem Mobiltelefon gespeicherten Daten ein schwerwiegender oder sogar besonders schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen sein könne. Nachrichten, Fotos und der Verlauf der Navigation im Internet ließen unter Umständen sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben zu. Auch besonders sensible Daten könnten dazu gehören.
Wenn die Ermittlungsbehörden solche Daten aber nur im Kampf gegen schwere Kriminalität einsehen könnten, würde dies ihre Befugnisse zu sehr einschränken. Das erhöhe die Gefahr, dass Taten unbestraft blieben, so der EuGH. Wann ein solcher Eingriff in das Privatleben und den Datenschutz erlaubt sei, müsse aber genau festgelegt werden.
Im konkreten Fall muss nun das österreichische Gericht entscheiden. Es ist dabei an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.
N. Lebedew--BTZ