Neue israelische Luftangriffe in Beirut - Ziel könnte Nasrallah-Nachfolger gewesen sein
Mit neuen Luftangriffen auf den Süden Beiruts hat Israel die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Libanon am Freitag weiter unter Druck gesetzt. Berichten zufolge könnten die Angriffe auf Vororte der libanesischen Hauptstadt dem voraussichtlichen Nachfolger des getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah gegolten haben. Während das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, die Hisbollah und andere Verbündete Teherans auf eine Fortsetzung des Kampfes gegen Israel einschwor, sagte US-Präsident Joe Biden, ein umfassender Krieg im Nahen Osten sei noch vermeidbar.
Wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete, wurden bei den nächtlichen Luftangriffen auf die als Hisbollah-Hochburgen geltenden südlichen Vororte Beiruts mindestens fünf Gebäude zerstört. In einer Straße klaffte ein riesiger Krater.
Wie die US-Nachrichtenseite Axios und das israelische Portal Ynet unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter berichteten, richteten sich die Angriffe unter anderem gegen den voraussichtlichen Nachfolger Nasrallahs, Haschem Safieddin. Die israelische Armee bestätigte die Berichte auf AFP-Anfrage nicht. Nach eigenen Angaben bombardierte die Armee zuletzt unter anderem das Hauptquartier des Geheimdienstes der Hisbollah.
Unklar war auch, wie viele Menschen bei den Angriffen getötet wurden. Das libanesische Gesundheitsministerium teilte am Freitag mit, innerhalb von 24 Stunden seien 37 Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden. Insgesamt gab es im Libanon nach offiziellen Angaben schon mehr als tausend Tote. Hunderttausende Menschen wurden innerhalb des Landes vertrieben, mehr als 300.000 Menschen flohen nach Syrien.
Am Freitag wurde nach libanesischen Angaben auch die Straße zum Grenzübergang Masnaa, über den zuletzt tausende Menschen nach Syrien geflohen waren, durch einen israelischen Luftangriff zerstört. Israels Armee erklärte, sie habe einen Tunnel in der Nähe des Grenzübergang bombardiert, um Waffenlieferungen an die Hisbollah zu unterbinden.
Israel geht seit Tagen mit massiven Luftangriffen gegen die vom Iran unterstützte Miliz im Libanon vor. Die Hisbollah hatte unmittelbar nach dem Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit Raketenangriffen aus dem Libanon eine zweite Front gegen Israel eröffnet. In den vergangenen Tagen nahm der Hisbollah-Beschuss weiter zu, insbesondere nach der Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah vergangene Woche.
Am Dienstag startete Israel zudem einen Bodeneinsatz im Süden des Libanon. Am Dienstagabend griff der Iran Israel dann zum zweiten Mal direkt mit Raketen an. Teheran reagierte damit unter anderem auf die Tötung Nasrallahs. Nach israelischen Angaben konnte ein großer Teil der rund 200 Geschosse aus dem Iran abgefangen werden.
Ayatollah Chamenei rechtfertige den iranischen Raketenangriff am Freitag als "legal und legitim". Der Angriff sei die "Mindeststrafe" für Israel gewesen, sagte Chamenei in einer öffentlichen Predigt beim Freitagsgebet in Teheran. Die Hisbollah habe mit ihrer Unterstützung der Hamas bei der Verteidigung des Gazastreifens und mit dem Angriff auf Israel "der gesamten Region und der gesamten islamischen Welt einen lebenswichtigen Dienst erwiesen".
Israel hat Vergeltung für den Raketenangriff des Iran angekündigt. Nach Angaben von US-Präsident Biden werden Angriffe auf die Ölinfrastruktur im Iran erwogen. Es gebe Gespräche darüber, sagte Biden am Donnerstag auf die Frage, ob er israelischen Attacken auf iranische Ölanlagen zustimmen würde. Biden hatte zuvor klargestellt, dass die USA einen israelischen Angriff auf Atomanlagen im Iran nicht unterstützen würden.
"Ich glaube nicht, dass es einen umfassenden Krieg geben wird. Ich denke, wir können ihn vermeiden", versicherte der US-Präsident. Es gebe aber "noch viel zu tun".
Die Hisbollah erklärte am Freitag, sie habe im südlibanesischen Grenzgebiet israelische Soldaten beschossen. Die Miliz griff Israel auch erneut mit Raketen an. Im Norden Israels wurde Luftalarm ausgelöst.
H. Müller--BTZ