Merkel und Schulz rechnen mit hartem Sondierungsabschluss
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Martin Schulz haben sich auf einen strapaziösen Sondierungsabschluss eingestellt. "Es wird ein harter Tag werden", aber "wir wissen, dass wir Lösungen finden müssen", sagte Merkel am Donnerstag bei ihrer Ankunft an der SPD-Parteizentrale in Berlin. Schulz sprach von "dicken Brocken, die wir noch aus dem Weg zu räumen haben".
Seit Sonntag loten CDU, CSU und SPD aus, ob es eine Grundlage für Koalitionsverhandlungen gibt. Die letzte Sondierungsrunde dürfte sich bis tief in die Nacht zu Freitag ziehen. Zwar drangen in den vergangenen Tagen erste Zwischenergebnisse aus Themenfeldern wie Klimaschutz, Landwirtschaft oder Verkehr nach draußen. Die Verhandler betonten allerdings, dass es eine Einigung am Ende nur als Gesamtpaket gebe, einzelne Vereinbarungen der Fachgruppen also noch einmal aufgeschnürt werden könnten.
Wesentliche Fragen in Bereichen wie Migration, Steuern und Gesundheit waren weiter offen. Außerdem müssen die Ausgabenwünsche von CDU, CSU und SPD, die sich nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG - auf mehr als 100 Milliarden Euro summieren, in Einklang mit dem finanziellen Spielraum für eine mögliche große Koalition in dieser Legislaturperiode gebracht werden. Dieser liegt nur bei 45 Milliarden Euro.
Merkel betonte, dass bei den bisherigen Gesprächen "viele Vorarbeiten geleistet" worden seien. "Aber es liegen noch große Brocken auf dem Weg." Die Kanzlerin und CDU-Chefin sicherte zu, sie werde "alles einbringen an Konstruktivität", um die Gespräche mit SPD und CSU zum Erfolg zu führen. Im Vordergrund stehe dabei für sie, "dass wir eine richtige Politik für unser Land machen müssen".
Schulz stellte noch einmal die Stärkung der Europäischen Union in den Vordergrund. "Wir müssen klar machen, dass eine neue Bundesregierung vor allem einen neuen Aufbruch für Europa einleiten muss", sagte er. Der SPD-Chef verwies dabei auf Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie der EU-Kommission. Europa brauche gerade "in einer Zeit, in der es ein Auseinanderdriften gibt, mehr Zusammenhalt". Daher sei es für die SPD eine Bedingung für eine Regierungsbeteiligung, "dass diese Regierung Europa stark macht".
Im Laufe des Donnerstags treten die Sondierungsteams von CDU, CSU und SPD immer wieder in unterschiedlichen Formaten zusammen und ziehen sich zwischenzeitlich zu parteiinternen Beratungen zurück. Am Ende wird wohl die "Sechserrunde" aus den Parteivorsitzenden Merkel, Schulz und Horst Seehofer (CSU) sowie den Fraktionschefs Volker Kauder (CDU), Andrea Nahles (SPD) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die letzten Knoten durchschlagen müssen. "Wir wollen zum Abschluss kommen", bekräftigte Schulz am Donnerstagmorgen den Willen zur Einigung.
Ab Freitag befassen sich die Parteigremien und Bundestagsfraktionen von Union und SPD mit dem Ergebnispapier der Sondierungsgespräche. Ob Koalitionsverhandlungen folgen, dürfte vor allem von der Entscheidung des SPD-Sonderparteitags am 21. Januar abhängen. In den Reihen der Sozialdemokraten wiegen die Bedenken gegen eine Neuauflage der großen Koalition schwer.
(B. Semjonow--BTZ)