Algeriens Präsident Tebboune klar wiedergewählt - Aber nur geringe Beteiligung
Bei der Präsidentschaftswahl in Algerien ist Amtsinhaber Abdelmadjid Tebboune klar im Amt bestätigt worden - allerdings boykottierte vorläufigen Zahlen zufolge mehr als die Hälfte der Bevölkerung den Urnengang. Tebboune habe knapp 95 Prozent der Stimmen erhalten, erklärte am Sonntagabend die Wahlkommission in Algier und rief den 78-Jährigen damit zum Sieger aus.
"Von den 5.630.000 registrierten Wählern stimmten 5.320.000 für den unabhängigen Kandidaten Abdelmadjid Tebboune, was 94,65 Prozent entspricht", sagte Wahlkommissionschef Charfi vor Journalisten in der Hauptstadt Algier. Zuvor hatte er die die Wahlbeteiligung auf "vorläufig" 48 Prozent beziffert, diese Zahl wurde von Beobachtern als Ausdruck des Misstrauens gegen den mit harter Hand regierenden Staatschef gewertet.
Tebboune war bei der Wahl offiziell als unabhängiger Kandidat angetreten, er wurde aber von vier großen politischen Gruppierungen unterstützt - darunter die ehemalige Einheitspartei FLN und die islamistische Bewegung Al-Bina, die bei der Präsidentschaftswahl 2019 zweitstärkste Kraft geworden war.
Tebbounes zwei Herausforderer hatten vor dem Urnengang als chancenlos gegolten. Bei ihnen handelte es sich um Abdelaali Hassani von der größten islamistischen Partei MSP sowie den ehemaligen Journalisten und Senator Youssef Aouchiche von der Oppositionspartei Front der sozialistischen Kräfte (FFS).
Die Wahl sei "von großer Transparenz geprägt" gewesen und zeige das "reife Wahlverhalten der Bevölkerung", sagte Wahlkommissionschef Charfi. Er machte bei der Verkündung des Ergebnisses am Abend allerdings keine Angaben mehr zur offiziellen Wahlbeteiligung. Bei der ersten Wahl von Amtsinhaber Tebboune im Jahr 2019 hatten sich mehr als 60 Prozent der Bürger enthalten, der Staatschef hatte diesmal auf eine höhere Beteiligung gehofft.
Die Wahlkommission hatte am Samstagabend von einer "vorläufigen" Wahlbeteiligung von 48 Prozent gesprochen. Dies wäre ein etwas höherer Wert als 2019. Die Behörde hatte jedoch nicht die Zahl der Abstimmenden im Verhältnis zu den registrierten Wählern genannt. Um 17.00 Uhr Ortszeit hatte die Behörde noch eine "durchschnittliche" Wahlbeteiligung von 26 Prozent angegeben - sieben Prozentpunkte weniger als zum gleichen Zeitpunkt bei der Wahl im Jahr 2019.
Das Wahlkampfteam von Oppositionskandidat Hassani nannte die von der Kommission genannte Zahl zur vorläufigen Wahlbeteiligung "seltsam" und warf ihr den Versuch vor, die Zahlen "schönzurechnen".
Zur Präsidentschaftswahl in dem nordafrikanischen Land waren am Samstag mehr als 40 Millionen Bürger aufgerufen, ein Drittel von ihnen jünger als 40 Jahre. Die Behörden ergriffen mehrere Maßnahmen, um die Beteiligung zu steigern. So wurde laut der Wahlbehörde auf "Aufforderung einiger Koordinatoren" die Öffnung der Wahllokale um eine Stunde verlängert. Zudem waren am Samstag auch die öffentlichen Verkehrsmittel in Algerien gratis.
2019 waren die Algerier in Massen auf die Straße gegangen, um gegen eine weitere Kandidatur des damals seit 1999 amtierenden Langzeit-Präsidenten Abdelaziz Bouteflika zu protestieren. Die als "Hirak" bezeichneten Proteste gingen auch nach dem Rücktritt Bouteflikas und der Wahl Tebbounes, seines ehemaligen Regierungschefs, weiter. Tebboune ließ hunderte Aktivisten inhaftieren, verbot die wöchentlichen Kundgebungen und ging mit Unterstützung des Militärs hart gegen Andersdenkende vor.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von einer "brutalen Unterdrückung der Menschenrechte" in Algerien und prangert "eine Null-Toleranz-Politik gegenüber abweichenden Meinungen" in einem "Klima der Angst und Zensur" an.
A. Bogdanow--BTZ