Italien: Finanzminister mahnt vor Wahl zu Kompromissbereitschaft
Zwei Monate vor der vorgezogenen Parlamentswahl in Italien hat Finanzminister Pier Carlo Padoan Kompromissbereitschaft zur Vermeidung politischer Instabilität angemahnt. "In einem Kontext großer Unsicherheit kann nichts ausgeschlossen werden", sagte Padoan am Sonntag nach Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. So sei nach der Wahl am 4. März auch ein Regierungsbündnis zwischen seiner linksgerichteten Demokratischen Partei und der rechtsgerichteten Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi möglich.
Der Finanzminister hob hervor, dass die Unsicherheit über Italiens politische Zukunft spürbar sei. Die Finanzmärkte seien zunehmend "nervös", und als das italienische Parlament im Dezember vorzeitig aufgelöst worden sei, habe sich der sogenannte Spread bereits vergrößert. Dabei geht es um die Differenz zwischen der Verzinsung der zehnjährigen Staatsanleihen von Italien und den Zinsen der langfristigen Anleihen des wirtschaftlich stabilen Deutschland. Seitdem Italiens Schuldenkrise im Jahr 2011 deutlich geworden war, wird dieser Wert immer wieder als Indikator für den Zustand von Italiens Wirtschaft herangezogen.
Allgemein wird erwartet, dass bei der Parlamentswahl im März keines der drei großen politischen Lager eine eigene Mehrheit erringt. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) kann laut Umfragen mit 28 Prozent der Stimmen rechnen und die Demokratische Partei (PD) mit 25 Prozent. Dem Rechtsbündnis aus Forza Italia, der rassistischen Lega Nord (LN) und der rechtsextremen Partei Fratelli dItalia (FDI) wird zusammen mehr als 35 Prozent der Stimmen zugetraut.
Der 81-jährige Berlusconi darf wegen einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs nicht für ein politisches Amt kandidieren, will seine Partei aber dennoch zum Sieg bei der Parlamentswahl führen.
Führungsansprüche hat aber auch der Chef der Lega Nord, Matteo Salvini. Er schrieb am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter: "Salvini als Ministerpräsident". Der Kandidat der Fünf-Sterne-Bewegung für das Amt, Luigi Di Maio, entgegnete: "Es ist ein bisschen zu früh, um den Tag vor dem Abend zu loben."
Politische Instabilität ist in Italien nichts Neues. Seit 1946 gab es in dem Land bereits 64 Regierungen. In der jetzigen 17. Legislaturperiode ist Paolo Gentiloni der dritte Ministerpräsident nach Enrico Letta und dem aktuellen PD-Chef Matteo Renzi.
(D. Wassiljew--BTZ)