Israel schickt Mossad-Chef zu Gaza-Verhandlungen nach Katar
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Entsendung einer Delegation zu Verhandlungen über die israelischen Geiseln im Gazastreifen beschlossen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP vom Donnerstag brach der Chef des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad, David Barnea, ins Golfemirat Katar auf. Am Vortag hatte die islamistische Palästinenserorganisation Hamas erklärt, sie habe den Vermittlern neue "Ideen" unterbreitet, wie der Krieg im Gazastreifen beendet werden könne.
Nach einem Telefonat Netanjahus mit US-Präsident Joe Biden erklärte Netanjahus Büro: "Der Ministerpräsident hat Präsident Biden über seine Entscheidung informiert, eine Delegation zu entsenden, die die Verhandlungen zur Befreiung der Geiseln fortsetzen soll."
Angaben zum Zeitpunkt der Abreise der Delegation oder zum Ort der Gespräche machte Netanjahus Büro nicht. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, trifft Mossad-Chef Barnea in Katar den katarischen Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani. Ziel der Gespräche sei es, "die Verhandlungsparteien einem Abkommen im Gazastreifen näherzubringen".
Netanjahus Regierung steht massiv unter Druck, weil seit dem Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober zahlreiche Israelis als Geiseln im Gazastreifen festgehalten werden. Regelmäßig finden in Israel deswegen Massendemonstrationen statt.
In der Erklärung von Netanjahus Büro wurde hervorgehoben, Israel sei "allem voran entschlossen, den Krieg nur dann zu beenden, wenn alle Ziele erreicht sind". Die Regierung hat wiederholt klar gestellt, dass dazu neben der Befreiung aller Geiseln auch die Vernichtung der Hamas gehört.
US-Präsident Biden begrüßte nach Angaben des Weißen Hauses die Entscheidung Netanjahus, eine Delegation zu entsenden. Die Vereinigten Staaten seien der Ansicht, dass Israel und die Hamas eine "ziemlich bedeutende Gelegenheit" hätten, eine Einigung über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln zu erzielen, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter.
Die Hamas hatte am Mittwoch erklärt, sie habe den Vermittlern neue "Ideen" unterbreitet, wie der Krieg im Gazastreifen beendet werden könne. Die radikalislamische Palästinenserorganisation führte darüber nach eigenen Angaben Gespräche mit Vertretern Katars und Ägyptens, außerdem habe sie dazu im Kontakt mit der Türkei gestanden.
Israel erklärte dazu, es prüfe die Äußerungen der Hamas und werde dann den Vermittlern antworten. Medienberichten zufolge berief Netanjahu für Donnerstagabend eine Sitzung seines Sicherheitskabinetts ein, um über die Hamas-Vorschläge zu beraten.
Der US-Regierungsvertreter sagte nun zu dem Hamas-Vorschlag, dieser würde den Prozess voranbringen und "könnte eine Grundlage für den Abschluss einer Vereinbarung bieten". Dies bedeute jedoch nicht, dass eine Vereinbarung in den kommenden Tagen zu erwarten sei. Es sei noch erhebliche Arbeit zu leisten.
Durch den beispiellosen Großangriff von Kämpfern der Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen auf Israel war am 7. Oktober der Gaza-Krieg ausgelöst worden. Dabei waren nach israelischen Angaben 1195 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. 116 befinden sich nach wie vor in der Gewalt der Hamas, 42 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot.
Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums vom Sonntag, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 38.000 Menschen getötet.
In dem Konflikt bemühen sich außer Katar und Ägypten auch die USA um Vermittlung. Am 31. Mai hatte US-Präsident Biden einen Plan für eine Vereinbarung zwischen den Kriegsparteien vorgestellt, den er als israelischen Vorschlag präsentierte. Das mehrstufige Konzept sah eine "sofortige und vollständige" Feuerpause und die schrittweise Freilassung aller Geiseln vor.
D. Wassiljew--BTZ