USA und Russland geraten im UN-Sicherheitsrat wegen Iran aneinander
Bei der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates zu den Protesten im Iran sind die USA und Russland am Freitag offen aneinander geraten. Während die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, eine eindringliche Warnung an die Führung in Teheran richtete, kritisierte der russische Botschafter Wassili Nebensia die Sitzung scharf und warf Washington vor, die "Energie des Sicherheitsrates zu vergeuden". Auch andere im Sicherheitsrat vertretene Länder äußerten sich skeptisch, ob die aktuelle Lage im Iran eine Zusammenkunft des Gremiums rechtfertigte.
Die USA hatten die Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates zu den regierungskritischen Protesten im Iran beantragt. Haley warnte, die Unruhen könnten sich zu einem größeren Konflikt ausweiten und zog Parallelen zum Syrien-Krieg. "Das iranische Regime ist jetzt vorgewarnt: Die Welt wird darauf schauen, was Sie tun", sagte Haley am Freitag. Haley sagte, die Demonstranten im Iran seien in mehr als 79 Orten im ganzen Land auf die Straße gegangen. "Es ist eine gewaltige Darstellung durch mutige Menschen, die ihre repressive Regierung satt haben, und sie sind bereit, im Protest ihr Leben zu riskieren."
Moskau warf Washington hingegen eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iran vor und argumentierte, der Sicherheitsrat habe sich nicht mit den Protesten in dem Land zu befassen, da diese nicht den Frieden und die Sicherheit in der Welt gefährdeten. Nebensia sprach von "erfundenen Vorwänden" für die Dringlichkeitssitzung.
Vor seiner öffentlichen Sitzung kam das wichtigste UN-Gremium zunächst auf Antrag Russlands hinter verschlossenen Türen zusammen. Der russische Vertreter versuchte letztlich aber nicht, die öffentliche Sitzung des Sicherheitsrats zu verhindern.
"Wir bedauern natürlich die Todesfälle als Resultat von Demonstrationen, die nicht so friedlich waren", sagte Nebensia im Sicherheitsrat. "Aber lassen Sie den Iran selbst seine Probleme regeln", fügte er hinzu. Mit Blick auf Haley sagte er, wenn sich der Sicherheitsrat mit den Demonstrationen im Iran befasse, hätte er sich auch mit den Unruhen Anfang 2014 im US-Bundesstaat Missouri wegen der tödlichen Polizeischüsse auf einen schwarzen Jugendlichen oder dem Vorgehen der US-Polizei gegen die Occupy-Wallstreet-Bewegung befassen müssen.
Auch andere im Sicherheitsrat vertretene Länder äußerten Kritik an der Dringlichkeitssitzung. Unterstützung erhielt der russische Botschafter etwa von Bolivien, Äthiopien und Äquatorialguinea. Der chinesische Vize-Botschafter bei der UNO, Wu Haiteo, betonte ebenfalls, dass die Lage im Iran nicht die regionale Stabilität gefährde, weshalb der Sicherheitsrat nicht zuständig sei. "Wenn wir jedes Mal zusammenkommen müssen, wenn es in einem Land Demonstrationen gibt...", sagte ein weiterer Diplomat, der anonym bleiben wollte. Zurückhaltend zeigten sich auch Schweden und Kuwait. Großbritannien und Frankreich betonten zwar erneut, dass der Iran die Rechte der Demonstranten respektieren müsse, Frankreichs UN-Botschafter François Delattre sagte aber ebenfalls, dass "die Ereignisse der vergangenen Tage keine Bedrohung für den Frieden und die weltweite Sicherheit darstellen".
Der iranische UN-Botschafter Gholamali Choschroo verurteilte die Sitzung als "Farce" und "Zeitverschwendung". Der Sicherheitsrat solle sich stattdessen mit dem Nahost-Konflikt oder dem Krieg im Jemen befassen.
Die Proteste im Iran hatten am 28. Dezember in der Stadt Maschhad begonnen und sich binnen Tagen auf das ganze Land ausgeweitet. Bei gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften wurden 21 Menschen getötet, bevor die Proteste am Dienstag abflauten. Die iranische Führung mobilisiert seit Mittwoch ihre eigenen Anhänger zu Großkundgebungen.
(L. Andersson--BTZ)