EU will Übergangsphase nach Brexit nur bis Ende 2020
Die EU will Großbritannien eine Übergangsphase nach dem Brexit nur bis Ende 2020 gewähren. Der Zeitraum, in dem London noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben will, "sollte nicht über den 31. Dezember 2020 hinausgehen", heißt es im am Mittwoch veröffentlichten Vorschlag für Verhandlungsdirektiven für die zweite Brexit-Phase. Die Bedingungen für die Übergangsphase fielen zudem hart aus.
Großbritannien tritt Ende März 2019 aus der EU aus. Die britische Premierministerin Theresa May hatte im September eine zweijährige Übergangsphase nach dem Brexit vorgeschlagen - also drei Monate länger, als nun von der Kommission anvisiert. EU-Verhandlungsführer Michel Barnier hatte schon vor einigen Wochen Ende 2020 als sinnvollen Termin für das Ende der Übergangsperiode genannt. Grund ist der mehrjährige Haushaltsrahmen der EU, der zu dieser Zeit endet. Sonst müssten für einige Monate mit London neue Finanzvereinbarungen getroffen werden.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten am Freitag bei ihrem Gipfel in Brüssel grünes Licht für den Start der zweiten Phase der Brexit-Gespräche und Verhandlungen über die künftigen Beziehungen gegeben. Zuvor waren aus Sicht der EU ausreichende Fortschritte bei zentralen Austrittsfragen zu den Rechten der EU-Bürger in Großbritannien, den Finanzforderungen an London und in der Nordirland-Frage erzielt worden.
Die Übergangsphase sei "nützlich", sagte EU-Unterhändler Barnier am Mittwoch. Sie werde Großbritannien in die Lage versetzen, sich auf "die vor ihm liegenden Herausforderungen und die Schwierigkeiten einer neuen Partnerschaft vorzubereiten".
Der EU-Gipfel hat für die Übergangsphase eine Reihe von Bedingungen gestellt, die sich nun im Kommissionsvorschlag wiederfinden. Demnach muss Großbritannien während dieses Zeitraums das gesamte EU-Regelwerk einschließlich neuer Gesetzgebung anerkennen, ohne selbst noch ein Mitspracherecht zu haben. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss London respektieren.
Hervorgehoben wird in dem Kommissionspapier auch, dass die vier Grundfreiheiten im EU-Binnenmarkt "unteilbar" seien. In diesem Punkt könne es "kein Rosinenpicken" geben, hieß es. Zu den Grundfreiheiten gehört auch die Niederlassungsfreiheit für EU-Bürger, deren Einschränkung für Brexit-Befürworter eines der Hauptargumente in der Kampagne für den Austritt aus der Union war.
Für die angeschlagene konservative Premierministerin May sind die Bedingungen innenpolitisch eine schwere Bürde. Schon vor den Kommissionsvorschlägen kritisierte der einflussreiche Brexit-Unterstützer Jacob Rees-Mogg die EU-Forderungen scharf. Sie seien "ziemlich feindselig", sagte der konservative Abgeordnete nach dem EU-Gipfel. Sie machten Großbritannien "zu wenig mehr als einem Vasallenstaat, einer Kolonie, einem Leibeigenen der Europäischen Union". Positiv fielen Barniers Äußerungen zu Mays Wunsch aus, die gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik zu verlassen. Während der Übergangsphase dürfe London hier zwar nicht mehr mitentscheiden, sagte der Franzose. Beide Seiten würden aber "besondere Verfahrensvereinbarungen" treffen, damit Londons Stimme etwa bei der Festlegung von Fischereiquoten gehört werde.
Erst ab März will die EU dann mit London auch über ein mögliches Handelsabkommen sprechen. Barnier bekräftigte, dass die gesamten Verhandlungen bis Oktober 2018 abgeschlossen sein müssten, um eine rechtzeitige Ratifizierung durch die Parlamente auf beiden Seiten sicherzustellen.
(S.Sokolow--BTZ)