Ex-Gewerkschafter Ramaphosa neuer Chef von Südafrikas ANC
Der als moderat geltende südafrikanische Vizepräsident Cyril Ramaphosa hat sich im Führungsstreit der Regierungspartei ANC durchgesetzt. Auf dem ANC-Parteitag in Johannesburg erhielt er am Montag 2440 Delegiertenstimmen, seine Gegenkandidatin Nkosazana Dlamini-Zuma unterlag mit 2261 Stimmen. Damit hat der 65-jährige Ramaphosa gute Chancen, 2019 den derzeitigen Präsidenten Jacob Zuma abzulösen.
"Wir erklären den Genossen Cyril Ramaphosa zum neuen Präsidenten des Afrikanischen Nationalkongresses", sagte eine Vertreterin der Wahlkommission nach Abschluss der mehrstündigen Auszählung. Ramaphosa erhielt nur 179 Stimmen mehr als seine Gegenkandidatin. Seine Anhänger quittierten das Ergebnis mit donnerndem Applaus, die Unterstützer seiner Gegenkandidatin reagierten mit einem Pfeifkonzert - die Reaktionen offenbarten eine tiefe Spaltung der einstigen Befreiungsbewegung.
Ramaphosa, am 17. November 1952 im Township Soweto bei Johannesburg geboren, ist ein Anti-Apartheid-Kämpfer der ersten Stunde. Der Gewerkschafter galt lange als wahrscheinlicher Nachfolger von Nelson Mandela. Nach den ersten freien Wahlen 1994 wurde er zum Vorsitzenden der Verfassunggebenden Versammlung. Doch die ANC-Führung entschied sich 1999 für Thabo Mbeki als neuen Präsidenten.
Daraufhin kehrte Ramaphosa dem ANC für mehrere Jahre den Rücken und avancierte zu einem erfolgreichen Geschäftsmann, dessen Vermögen sich im Jahr 2015 laut dem US-Magazin "Forbes" auf 378 Millionen Euro belief. Nach seiner Rückkehr in die Politik wurde er 2012 Vizepräsident des ANC und 2014 Vizepräsident Südafrikas. Im Wahlkampf wurde er vom gemäßigten, wirtschaftsfreundlichen Flügel der Partei unterstützt. Gewinnt der ANC die Parlamentswahlen im Jahr 2019, dürfte Ramaphosa neuer Präsident Südafrikas werden.
Im Wahlkampf attackierte Ramaphosa die Korruptheit des Zuma-Clans und versprach, die Wirtschaft Südafrikas wieder anzukurbeln und angesichts einer Arbeitslosenquote von über 27 Prozent neue Jobs zu schaffen.
"Cyril ist der beste Kandidat", sagte der 35-jährige Siya Kolase. "Er wird sich um die Korruptionsfrage kümmern, und mit ihm wird unsere Wirtschaft wieder in Schwung kommen." Kritiker werfen Ramaphosa vor, nur die Interessen der Wohlhabenden zu vertreten und zudem zu lange zum Vorgehen Zumas geschwiegen zu haben. Die 68-jährige Dlamini-Zuma hatte versprochen, sich mehr für die schwarze Mehrheit im Land einzusetzen. Diese lebt zu einem großen Teil auch ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Apartheid noch in Armut. Gegner werfen der langjährigen Gesundheits-, Außen- und Innenministerin dagegen vor, dass ihr Ex-Mann sie als "Marionette" benutze und dass sie ihm zu strafrechtlicher Immunität verhelfen wolle.
Der 75-jährige Zuma ist wegen zahlreicher Korruptionsaffären und der ihm zugeschriebenen Veruntreuung öffentlicher Gelder auch innerhalb der eigenen Partei stark unter Druck - und ein Grund für die Zerrissenheit des ANC. In seiner letzten Rede als Parteichef räumte Zuma am Samstag ein, dass die Südafrikaner mit den Ergebnissen der ANC-Herrschaft nicht "zufrieden" seien. Das betreffe unter anderem die grassierende Korruption und Kriminalität sowie die hohe Arbeitslosigkeit
Der Glanz des ANC ist unter Zuma stark verblasst. Bei Kommunalwahlen erlitt die Partei im vergangenen Jahr schwere Niederlagen: Wichtige Städte wie die Metropole Johannesburg und Pretoria fielen an die Opposition. Ein Wahlsieg im Jahr 2019 ist Beobachtern zufolge ungewiss.
(K. Berger--BTZ)