Spitzen von Union und SPD treffen sich kommenden Mittwoch
Nach dem Votum der SPD für Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung kommen die Spitzen von Union und Sozialdemokraten am kommenden Mittwoch zu einem ersten Treffen zusammen. Das kündigte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles am Freitag im Deutschlandfunk an. "Wir haben erste Gespräche mit der Union", sagte sie. "Wir sind noch nicht in Sondierungen, wir sind noch nicht in Verhandlungen."
Die SPD stelle im Vorfeld der Gespräche zunächst keine Bedingungen, sagte Nahles. "Man geht nicht in Verhandlungen mit einem riesen Rucksack mit roten Linien, da kann man sich die Verhandlungen auch schenken." Zu den Themen, die der SPD "am Herzen liegen", gehörten die Bekämpfung der Altersarmut, Investitionen in bezahlbare Wohnungen, die Bürgerversicherung und ein "vernünftiger Klimaschutz", sagte Nahles.
Rund 600 SPD-Delegierte hatten am Donnerstag auf dem Bundesparteitag im Grundsatz den Antrag der SPD-Spitze für "ergebnisoffene" Gespräche mit der Union über eine Regierungszusammenarbeit gebilligt. Es könnte zu einer Neuauflage der großen Koalition kommen, aber auch zu einer unionsgeführten Minderheitsregierung. Über den Beginn etwaiger Koalitionsverhandlungen müsste zuvor ein Sonderparteitag entscheiden. Die Delegierten bestätigten zudem SPD-Chef Martin Schulz mit knapp 82 Prozent im Amt.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung der Delegierten. Einer großen Mehrheit des Parteitags sei bewusst gewesen, dass es ohne die SPD keine neue Regierung geben könne, "die auch nur halbwegs stabil ist", sagte er dem Sender Phoenix. Dieser Verantwortungsgedanke sei prägend für die SPD.
Ob und in welcher Weise die SPD eine Regierung mittrage, machte Weil davon abhängig, wie viele Programmpunkte sich wiederfinden. So sei das Thema Europapolitik ein wichtiger Punkt für den Parteitag. Zudem müssten die Themen Bildung und Gerechtigkeit in den Fokus gerückt werden.
Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung der Delegierten. "Es gab den einstimmigen Beschluss gegen die GroKo, und in nur zwei Wochen wurde plötzlich alles wieder geöffnet", sagte er der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung" vom Freitag. "Das ist eine Form von Pseudo-Geschlossenheit, die Stärke signalisieren soll, aber bei den normalen Leuten genau umgekehrt ankommt und einen verheerenden Eindruck hinterlässt."
Um aus der Krise zu kommen, müsse die Partei "existenzielle Fragen" beantworten, fügte Kühnert hinzu. "Es brodelt gerade heftig in unserem Laden, es fehlen eine Richtung und das Vertrauen." Dies lasse sich nicht parallel zu einer Regierungsbeteiligung lösen. "Wir wollen, dass in zehn und zwanzig Jahren noch etwas von der SPD übrig ist."
(B. Semjonow--BTZ)