"GroKo"-Skeptiker melden sich vor SPD-Parteitag weiter zu Wort
Vor dem SPD-Parteitag melden sich die Skeptiker einer möglichen Neuauflage der großen Koalition weiter zu Wort. Die Jusos wollen auf dem am Donnerstag beginnenden Parteitag den Antrag stellen, dass am Ende der Gespräche mit CDU und CSU keine Koalition stehen dürfe. Auch die bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen sieht nur geringe Chancen für eine erneute großen Koalition.
"Wir wollen gerne Gespräche führen über Tolerierungsmodelle, über Minderheitsregierung, über Kooperationsvarianten", sagte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert am Dienstag. "Dafür wollen wir dem Parteivorstand auch gern ein Mandat geben." Allerdings werde der SPD-Nachwuchs beantragen, "dass die Möglichkeit einer großen Koalition ausgeschlossen wird".
Angesichts der gescheiterten Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen hatte sich die SPD-Spitze am Montag für Gespräche mit CDU und CSU über eine Zusammenarbeit bei der Regierungsbildung ausgesprochen. Dabei soll es "keinen Automatismus" in Richtung einer neuen großen Koalition geben, ausgeschlossen wird dies aber auch nicht mehr. Über den Leitantrag soll der Parteitag in Berlin abstimmen.
"Ich halte den Weg in eine große Koalition für sehr schwierig", sagte Kohnen dem Bayerischen Rundfunk. Das Bündnis mit der Union sei zuletzt "in den inhaltlichen Gemeinsamkeiten wirklich erschöpft" gewesen. Auch die in der geschäftsführenden Bundesregierung nicht mit der SPD abgestimmte Entscheidung von CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, in Brüssel für die weitere Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat zu stimmen, sei "ein Vertrauensbruch" gewesen.
Juso-Chef Kühnert kündigte Unterstützung für SPD-Parteichef Martin Schulz an, der sich auf dem Parteitag zur Wiederwahl stellt. Schulz sei SPD-Vorsitzender in einer sehr schwierigen Zeit. "Ich möchte gern, dass er das bleibt", sagte er im ZDF. Allerdings müsse Schulz bewusst sein, dass er mit seinen jetzigen Entscheidungen viel Verantwortung für die Zukunft der Partei trage.
Auf dem von Donnerstag bis Samstag dauernden Parteitag wird die gesamte SPD-Führung neu gewählt. Neuer Ostbeauftragter der Partei will Sachsens SPD-Chef Martin Dulig werden. "Ich will das gute Gewissen des Ostens sein, die Stimme erheben, damit auch unsere Kollegen in Westdeutschland lernen und verstehen, wie der Osten ist", sagte Dulig nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, aktuell in einem Interview. Die SPD sei "nach wie vor eine sehr westdeutsch geprägte Partei", die ostdeutsche Stimme müsse lauter zu hören sein.
(U. Schmidt--BTZ)