Papst Franziskus besucht Myanmar inmitten der Rohingya-Krise
Inmitten der Flüchtlingskrise um die muslimischen Rohingya besucht Papst Franziskus als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche Myanmar. Am Montagabend traf er in Rangun Armee-Chef Min Aung Hlaing, der für das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Rohingya verantwortlich gemacht wird. Der General wies alle Berichte über deren Diskriminierung zurück.
Weißgekleidete Nonnen und Gläubige in bunten Gewändern säumten die Straßen, als der Fahrzeugkonvoi des Papstes nach seiner Ankunft am Flughafen von Rangun zur Residenz des Erzbischofs fuhr. "Ich habe den Papst gesehen. Ich habe mich so gefreut und geweint", sagte die 48-jährige Christina Aye Aye Sein. Franziskus sei nach Myanmar gekommen, um dem mehrheitlich buddhistischen Land "Frieden" zu bringen.
Die Reise des Papstes gilt wegen der Flüchtlingskrise um die muslimische Minderheit der Rohingya als besonders heikel. Franziskus hat sich in den vergangenen Monaten mehrmals besorgt über die Verfolgung der Rohingya geäußert. Vor seinem Abflug sagte er in Rom, sein Besuch solle für die Menschen in Myanmar "ein Zeichen der Nähe und der Hoffnung" sein.
Nach einer kurzfristigen Änderung seines Besuchsprogramms empfing der Papst bereits am Montagabend den mächtigen Armeechef Min Aung Hlaing zu einem privaten Treffen in der Bischofsresidenz. Einer Facebook-Mitteilung seines Büros zufolge erklärte der General in dem 15-minütigen Gespräch, das südostasiatische Land kenne weder "religiöse Diskriminierung" noch "Diskriminierung zwischen ethnischen Gruppen". Das Militär habe lediglich für "Frieden und Stabilität" zu sorgen.
Ein Vatikansprecher sagte nach dem Treffen, der Papst und der Armeechef hätten über "die große Verantwortung von Myanmars Behörden in dieser Zeit des Übergangs" gesprochen. Er spielte damit auf das Ende der mehr als 50 Jahre dauernden Militärherrschaft seit den Wahlen vor zwei Jahren an.
Am Dienstag trifft Franziskus Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Die Friedensnobelpreisträgerin steht wegen ihres langen Schweigens zur Rohingya-Krise ebenfalls international in der Kritik. Die muslimischen Rohingya werden in Myanmar seit Jahrzehnten systematisch unterdrückt. Ende August war der Konflikt eskaliert, als Rohingya-Rebellen Soldaten und Polizisten angriffen und dutzende Sicherheitskräfte töteten. Das Militär reagierte mit brutaler Gegengewalt. Seither wurden durch das Militär hunderte Rohingya getötet, rund 620.000 Rohingya flüchteten ins verarmte Nachbarland Bangladesch. Die UNO und Menschenrechtsorganisationen sprechen von "ethnischen Säuberungen".
Ausgerechnet Ranguns Erzbischof Charles Bo hatte dem Papst vor seiner Reise empfohlen, in Myanmar die Bezeichnung "Rohingya" nicht zu verwenden. In dem südostasiatischen Land werden die staatenlosen Rohingya als illegale Einwanderer aus Bangladesch angesehen und als "Bengalen" bezeichnet - obwohl viele von ihnen seit Generationen in Myanmar leben.
Von den 51 Millionen Einwohnern Myanmars sind nur 700.000 Katholiken. Zu einem Gottesdienst in einem Stadion in Rangun werden am Mittwoch 200.000 Gläubige erwartet.
Am Donnerstag reist der Papst dann weiter nach Bangladesch. Am Freitag trifft er sich in der Hauptstadt Dhaka mit einer kleinen Gruppe von Rohingya-Flüchtlingen.
Myanmar und Bangladesch hatten sich am Donnerstag nach wochenlangem Tauziehen darauf geeinigt, dass die Rückführung der Rohingya-Flüchtlinge binnen zwei Monaten beginnen soll. Unklar blieb jedoch, wie viele der mehr als 620.000 Flüchtlinge nach Myanmar zurückkehren sollen.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR äußerte überdies Zweifel an einer "sicheren und dauerhaften" Rückkehr der Rohingya und verwies darauf, dass ihre Häuser und Dörfer in Myanmar zerstört worden seien. Trotz der Übereinkunft fliehen nach UN-Angaben weiterhin Rohingya nach Bangladesch. Bis Montag hätten noch einmal mindestens 3000 Flüchtlinge die Grenze überquert, erklärte die UNO.
(U. Schmidt--BTZ)