Berlin: Merkel zeigt sich vor Gesprächen mit SPD kompromissbereit
Die SPD streitet weiter heftig über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition - CDU-Chefin Angela Merkel signalisiert bereits Kompromissbereitschaft. Sie will "schnell zu einer Regierung kommen" und hält nichts von Neuwahlen, wie sie am Samstag auf einem Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommerns bekräftigte. Deutschland müsse eine stabile Regierung haben, "aber auch eine Regierung, die das Land wirklich voranbringt".
Gespräche mit der SPD müssten "auf der Grundlage gegenseitigen Respekts" geführt werden, sagte Merkel auf dem CDU-Landesparteitag in Kühlungsborn. "Natürlich gehört der Kompromiss dazu." Als Leitschnur für die CDU-Forderungen bei möglichen Verhandlungen nannte Merkel unter anderem einen ausgeglichenen Haushalt, Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen und die Sicherung des Fachkräftebedarfs für die Wirtschaft. Außerdem wolle die CDU erreichen, "dass die Zahl der zu uns kommenden Flüchtlinge 200.000 nicht übersteigt", ohne dass das Recht auf Asyl oder die Genfer Flüchtlingskonvention infrage gestellt werde.
Auch der Wirtschaftsrat der CDU stellte erste Bedingungen. Der Präsident des Wirtschaftsrats, Werner Michael Bahlsen, forderte in einem medialen Gastbeitrag eine spürbare Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen und eine Begrenzung der Sozialabgabenquote. Zudem mahnte er eine bessere Integration gerade junger Zuwanderer an.
Die SPD ringt nach ihrem kategorischen Nein zur Wiederauflage der großen Koalition weiter mit sich. Der Vize-Vorsitzende Ralf Stegner sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview: "Wir brauchen jetzt Zeit für sehr schwierige und ergebnisoffene Gespräche." Es gebe "keinen Automatismus". Die SPD werde mit allen demokratischen Parteien sprechen, nicht nur mit CDU und CSU. "Was dabei herauskommt, steht in den Sternen", sagte Stegner. Eine Verengung auf große Koalition oder Neuwahlen halte er für falsch.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) rief seine Partei zur Offenheit für die Bildung einer möglichst stabilen Regierung auf. "Grundsätzlich können wir über alles reden und sollten nichts von vornherein ausschließen", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Argumente für die Tolerierung einer Unions-Minderheitsregierung hätten ihn "nicht überzeugt". Deutschland dürfe am Ende nicht handlungsunfähig werden.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) stellte Bedingungen. Im Gespräch zwischen Union und SPD am Donnerstag beim Bundespräsidenten gehe es erstmal darum, die Positionen auszuloten, sagte sie dem "Trierischen Volksfreund". Was die SPD politisch umsetzen wolle, das habe sie klar im Wahlprogramm formuliert.
Für eine Unions-Minderheitsregierung ohne Koalitionspartner sprach sich der CDU-Politiker Norbert Röttgen aus. Diese Option sei "nicht die schlechteste", sagte er nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem Interview. "Mehr Parlament wagen könnte die Devise sein." Nach seiner Ansicht kann eine Minderheitsregierung der Politikverdrossenheit vieler Bürger entgegenwirken. Große Koalitionen hebelten das Prinzip von Regierung und starker Opposition aus.
Die Grünen erklärten sich auch weiterhin bereit, einen Beitrag zur Regierungsbildung zu leisten. Parteichef Cem Özdemir sagte auf einem Parteitag am Samstag in Berlin: "Wir werden weiterhin unseren Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen, wo wir gefragt werden."
(D. Meier--BTZ)